Franz-Josef Hanke: Begrüßungsrede zur Leuchtfeuer-Preisverleihung 2019

Franz-Josef Hanke

Der Hu-Regionalvorsitzende Franz-Josef Hanke begrüßt die Anwesenden im Namen der Humanistischen Union (Foto: Mariam Lortqifanidze)

Bereits zum 15. Mal hat der HU-Regionalvorsitzende Franz-Josef Hanke die Gäste der Feierstunde zur Verleihung des Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrecchte im Namen der Humanistischen Union (HU) im Historischen Saal des Marburger Rathauses begrüßt.
Zunächst möchte ich die langjährige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth entschuldigen. Wegen eines Krankheitsfalls in ihrer Familie kann sie leider heute nicht persönlich hier sein.
Ihr war es jedoch ein Anliegen, den beiden Preisträgerinnen für ihr Engagement zugunsten von Menschen in Notlagen zu danken; deshalb haben wir ihre Laudatio vor acht Tagen auf Video aufgezeichnet und werden sie im Verlauf der Feierstunde heute hier einspielen.
Erfreulicherweise war Prof. Dr. Marita Metz-Becker kurzentschlossen bereit, eine zusätzliche Laudatio zu halten. Dafür Danke ich ihr ganz Herzlich.
Bereits zum 15. Mal stehe ich heute hier an diesem Redepult und begrüße die Anwesenden im Namen der Humanistischen Union zur Verleihung des „Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrechte“. Erlauben Sie mir zunächst zwei Vorbemerkungen!
1. Niemand hier im Saal – auch nicht Kristina Hänel – möchte „Werbung für Schwangerschaftsabbrüche“ machen. Vielmehr geht es darum, Frauen in Krisensituationen beizustehen und ihnen Mut zu machen.
2. Sowohl Ruby Hartbrich als auch Kristina Hänel wie auch viele unserer früheren Preisträgerinnen und Preisträger sind für ihre Haltung beschimpft und bedroht worden. Das Marburger Leuchtfeuer soll aber gerade auch Menschen würdigen, deren Haltung nicht bei allen auf Zustimmung stößt.
Kristina Hänel ehrt die Jury für ihr Engagement in der Frage, ob Frauen in Krisensituationen ein Recht auf ungehinderten Zugang zur Information aus Quellen erhalten, die für sie vertrauenswürdig sind. Ruby Hartbrich würdigt die Jury für ihr ehrenamtliches Engagement auf dem Rettungsschiff „Sea Watch 3“.
Leider mussten fast alle Preisträgerinnen und Preisträger der letzten Jahre Bedrohungen und Beschimpfungen hinnehmen. Umso wichtiger ist für uns, ihr mutiges Eintreten für ihre Überzeugung zu würdigen und ihnen damit den Rücken zu stärken. Mit Scham und Trauer müssen wir alle leider feststellen, wie sich der politische Diskurs in den letzten Jahren immer mehr von einem respektvollen Umgang hin zu gefährlicher Hetze und unverhülltem Hass verschoben hat.
Nicht erst der – vermutlich faschistisch motivierte – Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke mahnt uns alle, jeder Form von Hetze und Hass entschieden entgegenzutreten. Dem mörderischen Treiben verblendeter Rechtspopulisten und Neofaschisten wollen wir heute gemeinsam entgegentreten. „Nie wieder Faschismus“, lautet der Schwur der Überlebenden des Holocaust, der heute wichtiger ist denn je.
Das andauernde Sterben im Mittelmeer ist ein unerträglicher Bruch aller christlichen und humanistischen Werte und muss sofort aufhören! Die Deutsche Bundesmarine und die Europäische Union (EU) sollten die Mission „SOFIA“ im Mittelmeer unverzüglich reaktivieren, wie es der allergrößte Teil der daran beteiligten Marinesoldaten wünscht. Seenotrettung ist Aufabe staatlicher Stellen und nicht in erster Linie von privaten Hilfsorganisationen, die dafür dann sogar noch kriminalisiert werden wie die mutige Kapitänin Carola Rackete von der „Sea Watch 3“, auf der auch Ruby Hartbrich tätig war.
Dem Oberbürgermeister, dem Magistrat und den Stadtverordneten danke ich für ihre klare Haltung zur Seenotrettung. Als ein „Sicher Hafen der Zuflucht“ möchte die Stadt Marburg – wie ein gutes Dutzend weiterer deutscher Städte auch – über das zugewiesene Kontinent hinaus geflüchtete Menschen in Not aufnehmen. Diese deutliche Haltung des allergrößten Teils der Stadtgesellschaft macht mich froh, in dieser altehrwürdigen und doch zugleich jungen Stadt mit so vielen freundlichen Menschen zusammenleben zu dürfen.
Danken möchte ich auch Alexandra Klusmann, die Kristina Hänel für das Marburger Leuchtfeuer vorgeschlagen hat. Kritik an der einstimmigen Entscheidung der Jury, das Leuchtfeuer 2019 zugleich an Frau Hänel und Frau Hartbrich zu vergeben, kann ich nur entgegenhalten, was Frau Süssmuth in ihrer Laudatio festgestellt hat: Es geht um die Unterstützung von Menschen in Not, denen beizustehen unsere moralische Pflicht ist.
Wo sind die – meist männlichen – Vorkämpfer für das „ungeborene Leben“, wenn es um das geborene Leben geht? Wo sind sie, wenn junge Menschen bei „Fridays for Future“ auf die Straße gehen oder wenn mehr als 600 Kinder im Mittelmeer ertrinken?
In Deutschland sind Kinder ein Armutsrisiko. Während das Kindergeld allen anderen ungeschmälert zufließt, wird es auf das Arbeitslosengeld II angerechnet.
Wo bleibt hier der Aufschrei der angeblichen „Lebensschützer“? Ich sage: Der beste Schutz des sogenannten „ungeborenen Lebens ist ein engagierter Einsatz für das geborene Leben.
Unserem Jury-Vorsitzenden Egon Vaupel danke ich für den Vorschlag, die beiden Nominierungen zusammenzufassen und so auf die Doppelmoral im Umgang mit menschlichem Leben hinzuweisen. Im nächsten Jahr werden wir wieder einen einzigen Preis vergeben, doch 2019 waren wir wirklich doppelt gefordert.
Wir leben in einer Zeit der Umbrüche und Herausforderungen. Das macht vielen Menschen Sorge und Angst. Wenn ich mir aber die jungen Menschen bei „Fridays for Future“ und der „Seebrücke“ vergegenwärtige, dann habe ich keine Furcht vor der Zukunft.
Darum zitiere ich zum Abschluss meinen Lieblingsausspruch der Bundeskanzlerin: „Deutschland hat schon so vieles geschafft“, hat Angela Merkel 2015 gesagt. „Wir schaffen auch das.“
Franz-Josef Hanke
Vorsitzender der HU Marburg

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