Klimagerechtigkeit: Yi Yi Prue sprach bei der HU Marburg

Die Klima- und Menschenrechtsaktivistin Yi Yi Prue hat am Dienstag (27. Februar) Marburg besucht. Auf Einladung der Humanistischen Union Marburg berichtete sie, wie sie die Flutkatastrophen in ihrer Heimat zur Klimaklage vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) geführt haben.
Ada Spieß übersetzte ihren Vortrag ins Deutsche.
Die Veranstaltung im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) wurde von Paula Weppert von marburg.news organisiert und moderiert. Der Marburger HU-Vorsitzende Franz-Josef Hanke führte in die Veranstaltung ein. Er berichtete über das Zusammentreffen mit Prue bei der Verleihung des Fritz-Bauer-Preises in Rastatt. “Wir, die Humanistische Union, sind eine Bürgerrechtsorganisation. Wir betrachten Klimaschutz als ein Bürger- und damit Menschenrecht,” erklärte Hanke.

Marburgs Bürgermeisterin Nadine Bernshausen begrüßte Prue auch im Namen des Magistrats. Bernshausen ist selbst Juristin, weshalb sie besonders beeindruckt von Prues Arbeit sei. “Meine Hoffnung ist, dass sie uns allen helfen und Perspektiven eröffnen, auch in einer Minderheitenrolle die Stimme zu erheben und Unglaubliches zu leisten,” betonte Bernshausen.

Unter dem Vortragstitel “Climate Justice” berichtete Prue davon, unter welchen Bedingungen sie aufwuchs und was sie dazu veranlasste ihren zukünftigen Weg als Klimaaktivistin zu bestreiten. Prue stammt aus den Chittagong Hill Tracts im Südosten Bangladeschs an der Grenze zu Myanmar. Sie gehört der indigenen Volksgruppe der Marma an, die wie viele andere in dieser Region hauptsächlich von der Landwirtschaft lebt. Als Kind hatte sie miterlebt, wie ein Erdrutsch ihr Heimatdorf zerstörte.

In den 1960ern wurde ein Staudamm angelegt, der die Wälder teilte und die indigene Bevölkerung zur Umsiedlung zwang. Geprägt vom damaligen Bürgerkrieg in den Chittagong Hill Tracts beschloss sie Anwältin zu werden, um den Marma in ihren Forderungen nach ihren Landrechten eine Stimme zu geben. Bei einem weiteren Monsun im Jahr 2017 starben mehr als 100 Menschen. Schließlich zwang ein weiterer Erdrutsch viele die Chittagong-Region endgültig zu verlassen.

Prue verfolgt seitdem das Ziel für diejenigen zu sprechen, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind, denen aber am wenigsten zugehört wird. „Es war klar, dass die Naturkatastrophe von Menschen verursacht wurde“, erklärte Prue in ihrem Vortrag. Die radikale Abholzung der Wälder hatte dazu beigetragen, dass der Boden seinen Halt verlor. Angesichts der aktuellen Katastrophen setzte sich Prue das Ziel zu handeln, damit die folgenden Generationen überhaupt eine Zukunft in ihrer Heimat haben.

Mit ihrem Bericht über Bangladeschs Lage kontaktierte sie Organisationen und Anwälte weltweit. So kam sie schließlich in Kontakt mit Menschenrechtsanwalt Prof. Dr. Remo Klinger. Zusammen entwickelten sie eine Verfassungsbeschwerde gegen die deutsche Bundesregierung, weil sie versäumt hatte, angemessene Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen.

Um ihre Klage zu stützen, reiste sie nach Nepal und Bangladesch, um mit den Betroffenen der Katastrophen zu sprechen. Sie wollte vor allem junge Menschen miteinbeziehen, deren Zukunft von den Katastrophen betroffen ist. Viele Klimaflüchtlinge seien in die Städte gezogen, um dort im informellen Sektor – beispielsweise als Textilarbeiter, Hausangestellte oder Rikscha-Fahrer – zu arbeiten. Neben zahlreichen Begegnungen blieb ihr eine Situation besonders in Erinnerung.

Sie besuchte das Munda-Dorf im Mangrovenwald Bangladeschs, dessen Bewohnende hauptsächlich von Landwirtschaft und Fischerei leben. Als sie um ein Glas Wasser bat, zögerten sie. “Das Grundwasser war stark verdreckt, schmeckte bitter und war von untrinkbarer Qualität,” berichtete Prue.

Neben den wiederkehrenden Katstrophen führt der steigende Meeresspiegel zur Versalzung des Grundwassers und der Erde. Für eine Gesellschaft, die hauptsächlich von der Landwirtschaft lebt, ist der fortschreitende Klimawandel daher eine Existenzbedrohung. “Die Menschen, die ich in Bangladesch traf, waren diejenigen, die am meisten von der Klimakrise betroffen sind, aber am wenigsten zu ihr beigetragen haben,” erläuterte Prue. “Die Klimakrise ist in Bangladesch kein abstraktes Phänomen, sondern Teil des alltäglichen Lebens”.

Zahlreiche Bilder von Prues Reise zu den Betroffenen der Klimakrise veranschaulichten ihren Vortrag. Darunter war auch das Bild eines Jungen, der versuchte seine Schafe auf dem letzten trockenen Fleck zu halten, während das Wasser um sie herum stieg.

Prue appellierte daher an jeden, die eigenen Verhaltensmuster und Lebensweise zu überdenken. Es gehe um unsere Zukunft und die der nachfolgenden Generationen. Es müsse auch mehr Druck auf die Entscheidungstragenden in der Politik ausgeübt werden und diejenigen unterstützt werden, die jetzt schon an vorderster Front kämpfen.

Die Situation in Bangladesch dürfe nicht vergessen werden, denn die Klimakrise verschwindet nicht, nur weil man aufhört hinzusehen. “Früher oder später wird sie die ganze Welt betreffen.”

* Amelie Berting

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

*