Leider ist die Menschenwürde nicht unantastbar", bedauert Franz-Josef Hanke. Nach Auffassung des Vorsitzenden der Humanistischen Union Marburg erweist sich Demokratie immer am Umgang der Gesellschaft mit Andersdenkenden, Alten und Behinderten. Aus Anlaß des Europa-Tages der Behinderten spricht sich der HU-Ortsverband Marburg für ein europaweites Diskriminierungsverbot alter, behinderter und kranker Menschen aus.
Diskussionen im Hessischen Landtag über ein derartiges Gesetz auf Landesebene begrüßt die HU als "ersten Schritt in die richtige Richtung". Er sei jedoch solange unvollständig, wie alle gesetzgeberischen Maßnahmen unter dem Vorbehalt stünden, daß sie nichts kosten dürfen. "Gesetze, die den gesamten Arbeitsbereich ausklammern, helfen Behinderten nur wenig", kritisiert Hanke. Schließlich sei gerade das Berufsleben derjenige Bereich, wo Behinderte am nachhaltigsten ausgegrenzt werden. Behindert würden Menschen auch durch die Umsetzung des Pflegeversicherungsgesetzes: Eine Regelung, die mit der Absicht geschaffen wurde, Behinderte besser zu stellen, kippt in der rigiden Alltagspraxis immer mehr um in Abschiebung und Entwürdigung. Insbesondere der "Medizynische Dienst" der Kassen betrachte Menschen in erster Linie als Kostenfaktor. Die von ihm vorgenommene Zuordnung zu Pflegestufen führt wegen der damit verbundenen Mittelkürzungen häufig zu einem Qualitätsverlust der Pflege gegenüber den bisherigen Leistungsstandards. "Es kann nicht angehen, daß ein blinder Rollstuhlfahrer in die mittlere Pflegestufe eingruppiert wird, weil er angeblich allein die Toilette aufsuchen könne", empört sich Hanke. "Schlimm ist, daß solche Entscheidungen die Menschenwürde der Betroffenen über Jahre hinweg tagtäglich einengen." Der HU-Ortsverband Marburg fordert wirksamere Regelungen zum Schutz der Würde alter, behinderter und kranker Bürgerinnen und Bürger in allen Alltagsbereichen. Die Humanistische Union will sich deshalb einer Initiative zur praktischen Durchsetzung des Diskriminierungsverbots Behinderter nach Artikel 3 des Grundgesetzes anschließen. Jeder könne schließlich jederzeit eine Behinderung erleiden. Seine Bürgerrechte dürften deshalb nicht einfach eingeschränkt werden.
Dragan Pavlovic
Ähnliche Beiträge