pm 3/03: Denkverbot für plakative Kritik – HU verurteilt Angriff auf Meinungsfreiheit

„Krieg ist ein Verbrechen“, stellt Franz-Josef Hanke fest. Der Vorsitzende des HU-Ortsverbands Marburg hält es für „das gute Recht eines jeden Bürgers, seine Kritik am Krieg ohne Ansehen der Person zu äußern“.
Auf seiner Mitgliederversammlung hat der Marburger Ortsverband der Humanistischen Union (HU) das Vorgehen der Behörden gegen den Marburger Metzgermeister Franz Becker einstimmig verurteilt.
Becker hatte an seinem Geschäft in der Weidenhäuser Straße Plakate angebracht, auf denen er die US-Politik der letzten 50 Jahre kritisierte. Auf einem Plakat stand beispielsweise „Bush und seine Kollegen – Staatsterroristen“.
Nach Hinweisen des städtischen Ordnungsamtes war die Polizei am Samstag (22. März) eingeschritten. Beamte beschlagnahmten die Plakate. Gegen Becker wurde ein Verfahren wegen „Beleidigung eines ausländischen Staates“ eingeleitet.
Bei der HU-Mitgliederversammlung berichtete Becker, er habe sich zu seiner Plakataktion „moralisch verpflichtet“ gefühlt. Als 13-jähriger habe er im 2. Weltkrieg hautnah miterlebt, wie zwei Häuser an der Weidenhäuser Brücke den Bomben zum Opfer fielen.
Seine Kritik an der US-amerikanischen Politik hatte der Metzgermeister auf fünf Plakaten mit Fotos, Zeitungsausschnitten und eigenen Kommentaren geäußert. Am Samstag (8. März) sei er damit noch unbehelligt auf dem Marktplatz gewesen und habe bei den vorbeigehenden Menschen große Zustimmung geerntet.
Als er für Samstag (22. März) erneut eine Standgenehmigung für den Marktplatz beantragen wollte, habe die Beamtin im städtischen Ordnungsamt diese mit Hinweis auf die Inhalte der Plakate verweigert. Daraufhin habe er die Poster an seinem Geschäft in der Weidenhäuser Straße angebracht.
Die HU kritisiert das Vorgehen des Marburger Ordnungsamtes und der Polizei als „Zensur“ und „Einschüchterungsversuch“. Deutschlands größte und älteste Bürgerrechtsorganisation warnt gerade zu Kriegszeiten vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit. „Es muss möglich sein und bleiben, einen Angreifer zu kritisieren“, erklärte der
HU-Ortsvorsitzende. „Wer Menschen mit flächendeckenden Bombardements in Angst und Schrecken versetzt, denn kann der Vorwurf des Terrorismus nicht beleidigen. Verwerflich ist nicht die Kritik von Franz Becker an George Bushs Kriegspolitik, sondern dessen völkerrechtswidriger Angriff auf den Irak.“
Der HU-Ortsverband Marburg fordert Polizei und Ordnungsamt auf, die Verantwortlichen für das Vorgehen gegen Becker zu benennen. Mit Befremden hat die Marburger Bürgerrechtsorganisation zur Kenntnis genommen, dass Becker weder seine Plakate zurückerhalten hat, noch eine richterliche Beschlagnahmeverfügung. Zudem geht die HU davon aus, dass eine Anzeige des Betroffenen und die Zustimmung des Bundesaußenministers Voraussetzung für ein Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung eines ausländischen Politikers nach den Paragraphen 103 und 104 des Strafgesetzbuches sind. „Gerne wüssten wir, ob George Bush und Joschka Fischer sich wirklich mit dem Fall Becker beschäftigt haben“, erklärte Hanke. „Die HU kann sich nicht vorstellen, dass ein prominenter Politiker der Grünen einen solchen Eingriff in die Meinungsfreiheit decken könnte.“
Auf der Stadtverordnetensitzung am Freitag (28. März) um 17 Uhr im Stadtverordnetensaal an der Barfüßer Straße erwarten die Bürgerrechtler Auskunft über das Vorgehen der kommunalen Ordnungsbehörde: „Wir hoffen doch sehr, dass wir hier in Marburg in einer freien Stadt leben!“

Dragan Pavlovic

(HU-Pressesprecher)

Dragan Pavlovic

Über dp

Pressesprecher der HU Marburg

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