Um die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes II (ALG II) müssen sich Erwerbslose im Landkreis Marburg-Biedenkopf jetzt selbst kümmern. Darauf hat der Arbeitskreis „Erwerbslosigkeit und Soziale Bürgerrechte“ (ESBR) der Humanistischen Union (HU) am Mittwoch (25. Mai) in Marburg hingewiesen.
Bislang hatte die Bundesagentur für Arbeit (BA) den Beziehern von Arbeitslosenhilfe einen Monat vor Ablauf der Bewilligungsfrist die Antragsformulare für eine Verlängerung der Leistungen zugeschickt. Das Kreisjobcenter verschickt indes keinen Anträge auf Verlängerung der Leistungen ohne Anforderung durch die Betroffenen. Erwerbslose müssen sich also selber um den Folgeantrag kümmern und rechtzeitig vor Ablauf der Bewilligungsfrist selbst aktiv werden.
„Diese Tatsache ist vielen Betroffenen nicht bekannt“, stellt der Marburger HU-Ortsvorsitzende Franz-Josef Hanke fest. Deswegen könne es zu Unstimmigkeiten kommen, wenn der Bewilligungszeitraum bei vielen Empfängern von ALG II Ende Mai oder Juni abläuft. Vom Kreisjobcenter erwartet der ESBR hier kulantes Verhalten und ein korrektes Vorgehen im Interesse der Leistungsberechtigten. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, das Kreisjobcenter versende die Formulare nur deshalb nicht, weil es Geld sparen wolle.
Damit den Antragstellern ihre Zahlungen rechtzeitig überwiesen werden können, müssen sie bereits vor Ablauf der Bewilligungsfrist einen Folgeantrag abgeben. Das Formular dafür ist aber nicht so umfangreich wie der Erstantrag.
Kritik übte der ESBR an den neuen Fragebögen, welche die BA für das sogenannte „Fallmanagement“ bei Langzeit-Arbeitslosen entwickelt hat. Darin werden intime persönliche Daten wie die individuelle Krankheitsgeschichte, Drogenkonsum, Freundschaften und nachbarschaftliche Beziehungen sowie Vereinszugehörigkeiten erfragt.
„Auch wenn diese Angaben freiwillig sein sollen, geht das eine Behörde nichts an“, erklärte Hanke dazu. Er befürchtet, dass die „Freiwilligkeit“ schnell ins Rutschen kommen könnte, wenn ein Betroffener um die Fortzahlung seines Arbeitslosengeldes bange. Zudem habe ein Antragsteller nach dem Gesetz eine „Mitwirkungspflicht“.
Die HU fordert die BA daher auf, den Fragebogen unverzüglich zurückzuziehen. „Es darf nicht sein, dass die Bürgerrechte von Erwerbslosen einfach zur Disposition gestellt werden“, erklärte Hanke. „Die persönlichen Lebensumstände der Bürgerinnen und Bürger, ihre Freundschaften, Vereinsmitgliedschaften und Krankendaten sind ihre Privatsache. Das verfassungsmäßige Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt jeden vor staatlicher Neugier in persönlichen Bereichen. Das muss auch die BA einmal lernen!“
Dragan Pavlovic