Der neuerliche Entwurf zum „Großen Lauschangriff“ garantiert nicht die Privatheit, wie es das Bundesverfassungsgericht gefordert hat. Die Humanistische Union (HU) hält die zwischen SPD, Grünen und CDU vereinbarte Regelung für verfassungswidrig. Danach sollen alle Aufnahmen auch in Privaträumen erlaubt werden, hinterher aber einem Richter zur Genehmigung vorgelegt werden. Er soll dann entscheiden, welche Aufnahmen aus den Abhörprotokollen wieder entfernt werden müssen. Darin sieht die HU allerdings nicht den höchstrichterlich verlangten Schutz der Privatheit. Ermittlungsbeamte bekämen private Details zu hören, ohne dass sie sich bei ihrem „akustischen Voyeurismus“ irgendwelchen Einschränkungen unterwerfen müssten. Die HU fordert den Gesetzgeber auf, die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts konsequent umzusetzen. Im vorliegenden Entwurf sieht sie nur einen „Pseudo-Schutz“ der Privatheit, der keinerlei durchgreifende Wirkung entfalten könne. Begründung: Wie die Erfahrungen bei der Telefon-Überwachung zeigen, kann man angesichts der Überlastung der Justiz keine großen Erwartungen an einen Richter-Vorbehalt hegen. Zudem sind die Aufnahmen schon entstanden, bevor der Richter sie zu hören bekommt. Damit haben Kriminalbeamte bereits in die Privatsphäre Verdächtigter eingegriffen. Der Grundrechtsbruch ist bereits entstanden, bevor er von einem Richter beurteilt werden soll. Eine Vernichtung der Aufnahmen und ein Streichen aus den Abhörprotokollen kann ihn dann aber nicht mehr heilen. Das Bundesverfassungsgericht hatte die zuletzt getroffenen Regelungen zum „Großen Lauschangriff“ für verfassungswidrig erklärt, soweit dabei der Schutz der Privatsphäre nicht gewährleistet wird. Diesen Vorbehalt kann die neue Regelung aber keineswegs entkräften. Vielmehr vermittelt sie den Eindruck, dem Gesetzgeber sei das Sammeln von Informationen durch die Ermittlungsbehörden wichtiger als Belange des Persönlichkeitsschutzes.
HU-Ortsverband Marburg