Eine Anzeige gegen den geplanten Verfassungsbruch bei der Einführung von Studiengebühren in Hessen hat der Marburger Journalist Franz-Josef Hanke am Dienstag (11. Juli) beim Staatsgerichtshof des Landes Hessen erstattet. Damit möchte der Landessprecher der Humanistischen Union (HU) und Vorsitzende des HU-Ortsverbands Marburg seiner staatsbürgerlichen Pflicht nachkommen.
Bei einer Pressekonferenz in den Räumen des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AstA) erläuterte der Bürgerrechtler seine Beweggründe. In seinem Schreiben stützt er sich auf den Artikel 147 der hessischen Landesverfassung: Widerstand gegen verfassungswidrig ausgeübte öffentliche Gewalt ist jedermanns Recht und Pflicht. Wer von einem Verfassungsbruch oder einem auf Verfassungsbruch gerichteten Unternehmen Kenntnis erhält, hat die Pflicht, die Strafverfolgung des Schuldigen durch Anrufung des Staatsgerichtshofes zu erzwingen.
Diesen Verfassungsbruch sieht Hanke in den Plänen der Landesregierung, an Hessens Hochschulen allgemeine Studiengebühren einzuführen. Artikel 59 der Landesverfassung hat die Gebührenfreiheit des Studiums eindeutig festgelegt: In allen öffentlichen Grund-, Mittel-, höheren und Hochschulen ist der Unterricht unentgeltlich.
Dennoch hat die Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung allgemeiner Studiengebühren in den Landtag eingebracht. Er soll dort am Mittwoch (12. Juli) in erster Lesung behandelt werden.
Ein Gutachten des Berliner Verwaltungsrechtlers Prof. Dr. Christian Graf Pestalozza hat diesen Gesetzentwurf für verfassungskonform erklärt, weil Kinder aus sozial benachteiligten Familien mit Hilfe von Darlehen eine Möglichkeit zur Finanzierung der Gebühren erhalten sollen. Allerdings müssten sie diese öffentlich gewährten Kredite mit 7,5 Prozent verzinsen.
Wenn die CDU der Meinung ist, die Hochschulen könnten ausschließlich durch die Erhebung von Studiengebühren angemessen finanziert werden und Artikel 59 sei nicht mehr zeitgemäß, dann müsste sie die Landesverfassung ändern, sagte Hanke. Dass sie diesen Weg aber vermeidet, erklärt Hanke mit dem Artikel 123 der hessischen Verfassung. Danach kommen Verfassungsänderungen nur zustande, indem der Landtag sie mit der Mehrheit seiner gesetzlichen Mitglieder beschließt und die hessische Bürgerschaft ihnen anschließend in einer Volksabstimmung zustimmt.
Diese Befragung vermeide die Landesregierung jedoch, da sie wisse, dass das Volk gegen eine Einführung von Studiengebühren entscheiden werde, vermutet Hanke. Indem sie aber die Abstimmung mit Hilfe eines Gutachtens zu umgehen versuche, beraube die Regierung den Souverän seiner verbrieften Rechte, über jede Verfassungsänderung mitzuentscheiden.
Das ist ein Putsch der Regierenden gegen das Volk, analysierte Hanke. Er protestierte dagegen, dass man ihn mit dieser faktischen Verfassungsänderung auf Gutachter-Basis seiner verbrieften Mitbestimmungsrechte berauben wolle. Deswegen hat er den Staatsgerichtshof angerufen.
Alle Abgeordneten im Landtag müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie mit einer Zustimmung zu allgemeinen Studiengebühren gleich einen doppelten Verfassungsbruch begehen, stellte der Bürgerrechtler fest. Er warnte vor den Folgen dieses Vorgehens: Wenn die Politiker sich nicht einmal mehr um Verfassungsrecht scheren, dann können sie kaum erwarten, dass die Bürgerinnen und Bürger noch Respekt vor Recht und Gesetz haben!
Dragan Pavlovic