Karlsruhe sorgt für Unruhe – Zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

Zwei wegweisende Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Woche verkündet: Den Tornado-Einsatz in Afghanistan erklärten die Karlsruher Richter am Dienstag (3. Juli) für rechtens. Ebenfalls abgelehnt wurde am Mittwoch (4. Juli) der Antrag von neun Bundestagsabgeordneten, die sich gegen eine Offenlegung ihrer Neben-Einkünfte gewehrt hatten. Beide Entscheidungen hinterlassen einen faden Nachgeschmack.

Die Verpflichtung der Abgeordneten zu finanzieller Transparenz ist zweifelsfrei ein Sieg für die Demokratie. Bürgerinnen und Bürger sollen erkennen können, wem ihre gewählten Volksvertreter verpflichtet sind. Getreu der altbekannten Devise „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ geben Neben-Einkünfte nach Auffassung von vier Richtern des Zweiten Senats unter dem Vizepräsidenten Winfried Hassemer berechtigten Anlass zu der Besorgnis, dass die betreffenden Parlamentarier dadurch anderen Interessen als denen ihrer Wählerinnen und Wähler verpflichtet sein könnten.

Haupt-Tätigkeit der Abgeordneten ist die Wahrnehmung ihres Mandats. Dahinter muss nach Auffassung des Gerichts jede weitere berufliche Aktivität zurücktreten. Der Schutz berufsbezogener Daten eines Neben-Jobs müsse hinter die berechtigte Forderung der Wählenden nach „Gläsernen Abgeordneten“ zurücktreten Somit sei es auch zumutbar, dass die Mandatsträger ihre Neben-Einkünfte offenbaren müssen.

Betrüblich stimmt indes, dass dieser Spruch nur mit der denkbar knappsten Stimmen-Zahl von Vier gegen Vier zustandegekommen ist. Dieses Patt weckt Anlass zu der Sorge, dass sich auch im höchsten deutschen Gericht bereits Haltungen breitgemacht haben könnten, die eine strikte Ablehnung jeglicher Form von Bestechung nicht mehr eindeutig garantieren!

Noch unerfreulicher war der Karlsruher Gerichtsbeschluss vom Dienstag (3. Juli). Zwar war wohl kaum etwas anderes zu erwarten gewesen, doch haben die freigebigen Verfassungshüter der Bundesregierung mit diesem Spruch die Startbahnen für brandgefährliche Kampfjet-Einsätze in aller Welt geebnet. Deutsche Tornados „verteidigen“ dann wohl demnächst ohne Hemmungen die westliche „Demokratie“ allüberall am Himmel.

Dass derlei Himmelfahrtskommandos Erhebliche Gefahren für die Bevölkerung bringen, scheinen die Richter des Zweiten Senats wohl verdrängt zu haben. Wer Flugzeuge und Soldaten nach Afghanistan schickt, der muss leider auch damit rechnen, dass von dort oder anderswoher Attentäter nach deutschland geschickt werden!

Mit ihren Missionen nehmen die Militärs die Bevölkerung sowohl in Deutschland wie auch in Afghanistan als geisel. Deutsche Tornados nehmen Bilder auf, mit deren Hilfe US-amerikanische Bomber dann die „Verfolgung“ der Taliban aufnehmen. Sie werfen ihre tödliche Fracht über Dörfern ab, in denen Frauen und Kinder leben.

Zynisch klingt ihre „Entschuldigung“, die Taliban versteckten sich hinter Zivilisten Und benutzten sie als „menschliche Schutzschilde“.

Einfach auf alles zu schießen, was sich bewegt, ist bekannte „Wildwest-Manier“. Konform mit dem deutschen Grundgesetz ist diese Politik der einkalkulierten „Kollateralschäden“ aber ganz bestimmt nicht!

Die scheinheilige Erklärung der Bundesregierung, wonach die“ Operation Enduring Freedom“ (OEF) und der einsatz der ISAF sauber getrennt seien, hat sich das Gericht unglücklicherweise angeschlossen. Doch diese angebliche Trennung ist eine schlitzohrige Schimähre: Welcher Taliban-Terrorist unterscheidet denn tatsächlich zwischen „guten“ und „schlechten“ ausländischen Besatzungstruppen?

Die Ablehnung der Verfassungsklage der Linkspartei gegen den deutschen Tornado-Einsatz in Afghanistan leistet indirekt auch der Terrorismus-Gefahr in Deutschland Vorschub. Damit ölt sie gewissermaßen die – ständig polizeiliche Prävention preisenden – Gebetsmühlen des Bundesinnenministers. Immer wieder wiederholt Wolfgang Schäuble unverdrossen, die Polizei benötige mehr Mittel in ihrem Kampf gegen den Terror.

Der Karlsruher Richterspruch bringt die grundgesetzlich geforderte Friedensstaatlichkeit weiter ins Rutschen. Schon hat Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung zugeben müssen, dass beim G8-Gipfel 17 verschiedene Flugzeuge der Typen Tornado, Phantom und Eurofighter im Einsatz waren. Im Tiefflug waren sie über demonstranten hinweggedonnert und hatten der Polizei Fotos der Gipfel-Gegner geliefert.

Dabei verbietet das Grundgesetz den Einsatz der Bundeswehr im Innern. Verankert wurde dieses Verbot dort aus gutem Grund: Wenn das Militär im Innern eingesetzt werden könnte, wäre eine Niederschlagung demokratischen Widerstands gegen einen potentiellen Potentaten noch leichter als ohnehin schon durch die Polizei!

Doch den flagranten Verfassungsbruch ihres forschen Militär-Ministers Jung deckt die Kanzlerin Angela Merkel mit ihrer Aussage, dass eine Trennung von Innerem und Äußerem Frieden heutzutage obsolet sei. Im Zeitalter des Terrorismus könne man zwischen beiden nicht mehr unterscheiden.

Damit hat sie leider recht: Wenn die Bundeswehr im Inland wie auch im Ausland die Menschen terrorisiert, dann kann man zwischen beiden Formen von Terror nicht mehr so leicht unterscheiden!

Franz-Josef Hanke

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