„Wem gehört das Radio?“, lautete der Titel einer Veranstaltung der Humanistischen Union (HU) zur Verpflichtung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks gegenüber den Gebührenzahlern. Axel Schmidt von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Marburger HU-Vorsitzende Franz-Josef Hanke referierten am Dienstag (5. August) im Käte-Dinnebier-Saal des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) über die Strukturen des Deutschlandradios und die Absetzung seiner Sendung „2254 – Nachtgespräche am Telefon“. Durch den Abend führte der Bildungsforscher Christian Dejaco.
„2254“ war eine reine Anrufer-Diskussionssendung auf Deutschlandradio Kultur. Ihr Name leitet sich ab von der Telefonnummer 00800/22542254, unter der man die Sendung zum Mitdiskutieren erreichen konnte. In der Zeit zwischen 1 und 2 Uhr nachts waren die Telefonleitungen geschaltet. Jeder konnte dann im Gespräch mit dem Moderator und mit Bezug auf den Vorredner seine Meinung zum Thema der Sendung äußern.
„Die Diskussionen hatten meist eine hohe Qualität“, berichtete Hanke. „Es herrschte eine große Bereitschaft, einander zuzuhören, obwohl die Standpunkte sehr breit gefächert waren. Das war das wirklich Spannende für mich, dass man an Diskussionen teilhaben konnte, die nicht im Mainstream verhaftet waren.“
Hanke hat die Petition „Rettet 2254“ mit initiiert. Deutschlandradio Kultur habe mit dieser Sendung ohne Not ein Kleinod aus der Hand gegeben.
„Jeder, der sprechen kann, konnte an ihr teilhaben“, erklärte Hanke. So gesehen, sei die Sendung eine nahezu barrierefreie Plattform zum umfassenden Meinungsaustausch gewesen.
Auch betonte Hanke die Aufgabe des Radios als Teil der sogenannten „vierten Gewalt“. Die Sendung sei die Einforderung direkter Demokratie gewesen.
„Viele Meinungen wurden vertreten, die man sonst im Radio nicht hört“, berichtete dazu eine Teilnehmerin am Gesprächskreis in Marburg. Den meisten Anwesenden sei es so vorgekommen, als würde ihnen mit der Programmabsetzung regelrecht der Mund verboten.
Hanke monierte daher vehement die Struktur der programmentscheidenden Gremien. Sie seien viel zu stark von Parteien und ihren Interessen bestimmt. Das widerspreche aber sämtlichen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zum Thema Rundfunkfreiheit.
Der eigentliche Auftraggeber des Radios sei laut Hanke der Gebührenzahler. Der jedoch habe in der Programmgestaltung viel zu wenig direktes Mitspracherecht.
Die Online-Petition „Rettet 2254“ hatte bis zum Zeitpunkt der Veranstaltung gut 2.930 Unterschriften gesammelt. „Mit einer so großen Resonanz hatten wir gar nicht gerechnet“, erklärte Hanke offen. Sie zeige allerdings deutlich, dass die Programmentscheidung über die Köpfe der Zuhörer hinweg getroffen wurde.
Bei Schmidt stießen die – über die Streichung der Nachtsendung empörten – Gesprächsteilnehmer auf starke Zustimmung. Er zeigte sich selber genauso unzufrieden mit der Situation.
„Diese Programmreform wurde am Hörfunkrat vorbei gemacht“, betonte Schmidt. „Wir haben nie offiziell erfahren, dass es überhaupt Beschwerden über die Absetzung von 2254 gegeben hat.“
Schmidt zeigte sich jedoch zuversichtlich: „Die Reform ist nicht in Stein gemeißelt.“ Er jedenfalls wolle sich persönlich für die Belange von „Rettet 2254“ einsetzen.
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