26,2:23,5 und 32,1:27,5: Brandenburg und Sachsen haben gewählt

In Brandenburg erreichte die SPD 26,2%, die CDU 15,6%, die AfD 23,5%, Die Grünen 10,8, Die Linke 10,7, die BVB 5% und die FDP bleibt mit 4,1% draußen. In Sachsen kam dieCDU auf 32,1%, die SPD auf 7,7%, die AfD auf 27,5%, Die Grünen auf 8,6, Die Linke auf 10,4% und die FDP bleibt mit 4,5% draußen.
Erleichterung ist angesichts der Vorläufigen Amtlichen Endergebnisse der Landtagswahlen in beiden Bundesländern nicht angesagt. Zwar konnten die Ministerpräsidenten Dietmar Woidke in Brandenburg und Michael Kretschmer in Sachsen ihre Posten verteidigen, aber dabei erlitten sie derbe Wählerverluste. Als zweitstärkste Partei kam die AfD bei beiden Landtagswahlen auf deutlich über 20%.
Geschadet haben ihr nicht einmal die Berichte über eine Reise ihres brandenburgischen Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz mit mehreren Neonazis nach Griechenland, wo sie auf dem Balkon ihres Hotels in Athen eine Hakenkreuzfahne hissten. Allerdings hat der in Königs Wusterhausen lebende Kalbitz das angestrebte Direktmandat verpasst. Insgesamt errang die AfD in Brandenburg 15 Direktmandate.
Auch ihr sächsischer Spitzenkandidat Jörg Urban gehört eher zum rechten „Flügel“ der AfD. Der „Flügel“ um den thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke erhält durch die beiden Landtagswahlen noch einmal Auftrieb. Seine Ambitionen auf die innerparteiliche Macht wurden deutlich gestärkt.
Einen Dämpfer hingegen erlitten diejenigen Landespolitiker der CDU Sachsen, die sich für eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen hatten. Gleich drei prominente Vertreter aus der sogenannten „Werte-Union“ verpassten ein Direktmandat. Die Zusammenarbeit mit der AfD schadet also der CDU, während Kontakte zu Neonazis und zur NPD sich bei der AfD anscheinend nicht ganz so stark auswirken.
Erklärungsversuche für die Stärke der AfD im Osten geraten mitunter zu Rechtfertigungen oder Entschuldigungen. Doch nichts kann Rassismus und Menschenverachtung rechtfertigen oder auch nur entschuldigen. Wer die AfD wählt, der entscheidet sich bewusst für Hass und Hetze sowie gegen Demokratie und Humanität.
Auffällig ist allerdings, dass die Hochburgen der AfD in den abgehängten ländlichen Regionen des Ostens liegen. Dort ist eine geradezu hasserfüllte Wut auf Fremde festzustellen, die vermutlich vor Allem in der Enttäuschung über die zerstörerische Politik der Treuhandanstalt und des Westens in den 90er Jahren begründet ist. Zudem waren Menschen aus anderen Ländern dort so selten, dass ihre Gegenwart nicht so alltäglich ist wie in den Großstädten im Westen Deutschlands.
Ländliche Gegenden waren immer konservativer als größere Städte. Das gilt für den Westen genauso wie für den Osten. Auch im Westen ist die AfD dort stärker als in größeren Städten.
Doch im Osten sind solche Regionen noch mehr ausgeblutet als im Westen. Der „Braindrain“ hat junge kluge Menschen abgesaugt in Universitätsstädte oder zu Arbeitsplätzen in Großstädten. Übrig geblieben sind die selbstmitleidigen alten Männer ohne Zukunft.
Ihnen machen die anstehenden Veränderungen Angst. Krampfhaft halten sie sich an überkommenen Gewohnheiten fest. Klimawandel und Multikulturalität, Gendergerechtigkeit und „das dritte Geschlecht“ passen nicht mehr in ihr engstirniges Weltbild.
Hinzu kommen Enttäuschung und Wut. So wendet sich ihre Verunsicherung hasserfüllt egen alles Neue und Fremde. Hass macht jedoch blind für Argumente und unangenehme Wahrheiten.
Populistische Rattenfänger nicht nur bei der AfD profitieren davon. Bemerkenswert ist schon, dass Alexander Gauland und Björn Höcke aus Hessen und Andreas Kalbitz sowie mehrere weitere AfD-Führungsleute aus Bayern kommen. Auch viele weitere Spitzenpolitiker der AfD sind in Westdeutschland aufgewachsen.
So gehen viele Menschen im Osten einer Viktimisierungspropaganda auf den Leim, die vom Westen über sie übergestülpt wurde. so unverschämt der Umgang der staatlichen Treuhandanstalt mit den Betrieen der einstigen DDR war, so sehr leiden auch viele Menschen im Westen unter dem Neoliberalismus und seinem menschenfeindlichen Marktradikalismus. Die Wachstumsideologie hat nicht nur die Natur zerstört, sondern auch das menschliche Maß in der Wirtschaft.
Die Folge war eine jahrzehntelange verfehlte Politik. Zentralisierung und Agglomeration haben ländliche Räume auch im Westen ausgetrocknet und die soziale Infrastruktur dort nachhaltig zerstört. Auf die Schließung von Gerichten, Krankenhäusern, Schulen, Banken und am Ende sogar Bankautomaten folgten Arztpraxen, Dorfläden und am Ende sogar Dorfkneipen.
Am bitteren Schluss steht die Ausdünnung der Anbindung mit Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV), die die Bewohner der Dörfer zur Nutzung von Autos zwingt. Wer aus Alters- oder Krankheitsgründen kein eigenes Auto fahren kann, der ist zusätzlich abgehängt oder gezwungen, in eine teurere Stadt umzuziehen.
All das haben CDU und SPD maßgeblich mitverursacht. Bei all dem haben Grüne und mitunter auch Linke mitgemacht. Der Schutz des „Ländlichen Raums“ ist jedocch eine drängende Aufgabe zukunftweisender Klimapolitik.
Eine weitere wichtige Aufgabe ist das entschiedene Eintreten möglichst vieler menschen für Demokratie. Insbesondere CDU und FDP sind gefordert, sich klar gegen Rechtspopulismus und Rassismus abzugrenzen. Dazu gehört auch die Teilnahme an Demonstrationen wie „Unteilbar“ am Samstag (20. August) in Dresden.
Notwendig ist zudem die Ermutigung der demokratischen Kräfte in den östlichen Bundesländern. Immerhin sind sie noch deutlich in der mehrheit dort. Sie brauchen die Solidarität aller Demokratinnen und Demokraten überall in der republik.
Demokratie kann man nicht predigen; Demokratie muss man leben. Zur Demokratie gehört der Dialog mit allen anderen demokratischen Kräften ebenso wie der Schutz von Minderheiten.
Deswegen muss es jetzt schnell Mehrheiten für mehr Lebensqualität im Ländlichen Raum geben. Infrastruktur ist Daseinsvorsorge. Sie darf nicht einer Kommerzialisierung oder gar Privatisierung geopfert werden. Wirtschaftliches Gewinnstreben hat nichts zu suchen bei Bildung, Gesundheitsversorgung, Verkehrspolitik und Kultur.
Wichtig ist zudeem die ständige Aufklärung über den Faschismus und seine mörderische Politik. Sie darf jedoch nicht von oben herab in belehrendem Ton erfolgen, sondern muss bereits in der Schule durch Projekte vor Ort zu ermordeten Sinti und Roma, Juden und Kommunisten oder anderen Andersdenkenden erfolgen. Hinzu kommen könnten Besuche in Gedenkstätten, weil die Begegnung mit Zeitzeugen immer schwieriger wird.
Letztlich ist gelebte Demokratie das einzige Lernfeld für Demokratie. Die Förderung der sogenannten „Zivilgesellschaft“ ist deshalb eine vordringliche Aufgabe aller öffentlichen Organe. Demokratie kann nur leben und gedeihen, wo sie sich frei entfalten kann.
Überwachungsmaßnahmen und entsprechende Gesetze bestärken die Rechtspopulisten und schaden der Demokratie. „Freiheit ist auch immer die Freiheit der Andersdenkenden.“ Deswegen sollte man allen Menschen mit Respekt begegnen, die dieser Maxime von Rosa Luxemburg folgen.