pm 10/99: 20 Rambos für Marburg? – HU warnt vor ehrenamtlicher Polizeitruppe

Gegen die geplante Bildung einer ehrenamtlichen Polizeitruppe wendet sich der HU-Ortsverband Marburg. In der Arbeit der Polizei sieht die Humanistische Union eine unveräußerlich hoheitliche Aufgabe des Staates.
Am Mittwoch hatte der hessische Innenminister Volker Bouffier ein Gesetz vorgestellt, worin er die Aufstellung einer ehrenamtlichen Polizeitruppe regeln möchte. Von landesweit 90 Hobby-Polizisten sollen 20 in Marburg ihren Dienst verrichten. Gegen diesen freiwilligen Polizeidienst erhebt HU-Ortsvorsitzender Franz-Josef Hanke Bedenken: „Auch wenn diese Hilfspolizisten nur mit Reizgas bewaffnet sein sollen, so werden sie doch hoheitliche Aufgaben wahrnehmen und damit in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen.“ Hier sieht Deutschlands älteste Bürgerrechtsorganisation die Gefahr, daß es zu ungerechtfertigten Übergriffen kommen könnte.
Zudem sei die vorgesehene „Aufwandsentschädigung“ von 14 DM je Stunde „als Bezahlung zu wenig, aber als Kostenerstattung zu hoch.“ Sie erhöhe vielmehr die Attraktivität dieses Dienstes für Personen, die „gerne mal Polizist spielen wollen“, so Hanke.
Zum Beleg seiner Befürchtungen führt der Bürgerrechtler Erfahrungen mit der „Freiwilligen Polizeireserve“ in Berlin an. Mitte der 80er Jahre mußten die Behörden nach mehreren Vorfällen feststellen, daß sie in beängstigendem Ausmaß von rechtsradikalen Personen unterwandert waren.
Zwar könne man Struktur und personelle Zusammensetzung der hessischen Polizeihelfer nicht mit der damaligen Berliner Truppe gleichsetzen, doch bestehe die Gefahr, daß eine freiwillige Polizeitruppe Menschen mit einer ausgeprägten Law-and-Order-Mentalität anziehen könnte.
Sorgen bereitet der Humanistischen Union in diesem Zusammenhang auch die rasante Zunahme privater „Sicherheitsdienste“, die keinerlei demokratischer Kontrolle unterliegen. Mit der Freiwilligen-Polizei schaffe nun auch das Land selbst eine diesen privaten Diensten in Ausbildung und Kontrolle vergleichbare Einheit.
Die Humanistische Union fordert die Hessische Landesregierung auf, ihre Pläne zur Aufstellung der Freiwilligen-Polizei wie auch das Vorhaben einer Privatisierung des Strafvollzugs zu überdenken. „Wenn der Staat diese hoheitlichen Kernaufgaben aushöhlt, dann rüttelt er damit nicht nur an einem Fundament der Rechtsstaatlichkeit“, meint Hanke, „sondern er stellt sich damit letztlich selbst in Frage“.

Dragan Pavlovic

Über dp

Pressesprecher der HU Marburg

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