Ein Gewinn für die Pressefreiheit – Bundesverfassungsgericht zur Cicero-Affäre

Cicero hat gewonnen. Der eigentliche Gewinner aber ist die Pressefreiheit. Ihr hat das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil von Dienstag (27. Februar) einen großen Dienst erwiesen. Nun sollte der Journalist Bruno Schirra auch zügig sein Archiv zurückbekommen!

Seine Veröffentlichung über den Top-Terroristen Abu Musab az-Zarqawi im April-Heft der Berliner Zeitschrift „Cicero“ hatte ihm und seiner Redaktion im September 2005 eine Hausdurchsuchung eingebracht. In seiner Abwesenheit wurde seine Wohnung durchsucht. Sein Archiv mit rund 100 Aktenordnern wurde einfach mitgenommen. Auch die Redaktionsräume wurden „gefilzt“.

Die Begründung der Staatsanwälte lautete auf „Beihilfe zum Geheimnisverrat“. Ein Dokument des Bundeskriminalamts (BKA), aus dem Schirra zitiert hatte, war als „vertraulich“ eingestuft gewesen. Die Schnüffler wollten wissen: Wer hat Schirra diese Unterlagen zugespielt?

Doch anstatt die undichte Stelle in der Behörde zu suchen, schlugen die Ermittler bei dem Journalisten und seiner Redaktion zu. Einerseits schien ihnen das wohl einfacher. Andererseits drückten sie damit zugleich die implizite Drohung aus, dass man besser nicht öffentlich aus geheimen Dokumenten zitieren sollte.

Dem Vernehmen nach soll der damalige Bundesinnenminister Otto Schily selbst maßgeblichen Einfluss auf diese Ermittlungen genommen haben. Er habe mit der Hausdurchsuchung ein abschreckendes Exempel statuieren wollen, heißt es in Presse-Kreisen.

Doch genau dieses Vorgehen haben die höchsten Richter in Karlsruhe nun als verfassungswidrig eingestuft. Sie haben der Pressefreiheit mit diesem Urteil einen hohen Rang eingeräumt und erklärt, dass eine freie Presse in einem demokratischen Staat auch ungestraft aus geheimen Dokumenten zitieren darf.

Damit sollten Hausdurchsuchungen bei Journalisten und in Redaktionen praktisch der Vergangenheit angehören. Bislang war das eine beliebte Strategie der Ermittlungsbehörden, um „Maulwürfe“ in den eigenen Reihen dingfest zu machen. Zudem schüchterte man damit Journalisten wie Informanten gleichermaßen ein.

140 Fälle eines derartigen Vorgehens wurden in Deutschland in den letzten Jahren registriert. Einer davon hat sich auch in Marburg zugetragen. Hier war es der Journalist Michael Marten, dessen Computer am 13. März 2001 beschlagnahmt und durchsucht wurde. Dagegen hatte der HU-Ortsverband Marburg seinerzeit unter dem Titel „Rechtswidrige Razzia?“ protestiert. Wie nach dem Karlsruher Urteil nun feststeht, war dieses Vorgehen verfassungswidrig.

Franz-Josef Hanke

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