Schützen wir die Polizei! – Ohne Sorge genauso wie vor 40 Jahren

Irgendetwas stimmt da nicht: Wie konnten trotz des massiven Polizei-Aufgebots gleich mehrere hundert Vermummte plötzlich in Rostock bei der Großdemonstration gegen den G8-Gipfel auftauchen?

Das stinkt zum Himmel: Hat die Polizei diese Gruppe etwa absichtlich in die strengstens bewachte Stadt „reingelassen“? Handelt es sich bei diesen Leuten vielleicht gar um Provokateure oder V-Leute?

Hat die Polizei hier einen regelrechten Bürgerkrieg inszeniert? Diese Frage beantwortet ein Bericht bei Politblog sehr eindrucksvoll.

An diesem 2. Juni genau vor 40 Jahren ist in Berlin bei einer Demonstration gegen den Schah von Persien der Student Benno Ohnesorg von einem Polizisten erschossen worden. Bis heute sind die Umstände seines Todes nicht vollständig aufgeklärt.

Mehr als 50 Hämatome fand der Gerichtsmediziner bei der Obduktion des Toten. Ohnesorg war von der Polizei regelrecht hingerichtet worden. Dabei war er gerade erst zum zweiten Mal in seinem Leben auf einer Demonstration gewesen.

Der Todesschütze Karl-Heinz Kurras ist für seine Tat nie zur Rechenschaft gezogen worden. Dabei ist unbestritten, dass der Zivil-Polizist den tödlichen Schuss auf Ohnesorg abgefeuert hat.

Der 2. Juni 1967 wurde zum Fanal: Ohne die Erfahrung dieser Polizei-Willkür hätte die sogenannte „68er Bewegung“ möglicherweise nicht die Kraft erreicht, die sie schließlich bis in die etablierten Institutionen hineingespült hat. So hat dieser Tag die Geschichte der Bundesrepublik wahrscheinlich ganz maßgeblich mit geprägt.

Für Ohnesorgs Tod fühlte sich der damalige Regierende Bürgermeister Heinrich Albertz später mit verantwortlich. Er hatte in der Deutschen Oper zu dem Polizeichef gesagt, Szenen wie bei der Ankunft wolle er bei der Abfahrt des Schahs Mohammed Rezza Pahlevi nicht wieder erleben. Daraufhin ließ der Einsatzleiter den Platz vor der Oper brutal räumen.

Kurras gehörte zu einer Truppe von „Greifern“. Diese Beamten in Zivil sollten vermeintliche „Rädelsführer“ ausmachen und den uniformierten Polizisten zeigen. Offenbar hatten flüchtende Demonstranten ihn als Polizisten erkannt.

Seine Kollegen hauten ihn schnell aus der Gruppe der Demonstranten heraus. Dabei schossen sie offenbar weit über ihr Ziel hinaus. Doch das hat die Öffentlichkeit nie genau erfahren. Denn eine lückenlose Aufklärung der Vorkommnisse des 2. Juni 1967 hat bis heute nicht stattgefunden. Wichtige Dokumente wie ein Tonband mit den Schuss-Geräuschen und dem Befehl „Kurras sofort nach hinten“ werden nach wie vor unter Verschluss gehalten.

Doch nun scheint sich die Geschichte in anderer Form zu wiederholen: Wochenlang redet Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble zur Rechtfertigung seiner Knebelungsaktionen die angebliche Gewalt militanter G8-Gegner herbei. Und dann erscheinen sie auch noch wunschgemäß bei einer friedlichen Demonstration in Rostock, während die Polizei das gesamte Gelände seit Tagen lückenlos überwacht!

Entweder sind die dort eingesetzten Polizisten so doof, dass weitergehende Befugnisse nur die Gefahr fehlgeleiteter Polizei-Aktionen massiv vergrößern, oder aber sie sind so kriminell, dass sie die Gewalttäter bewusst hereingelassen haben, um ihrem Innenminister das vollmundig angekündigte Schauspiel zu gönnen.

In jedem Fall sollte sich das Volk nicht für dumm verkaufen lassen. Wie sang doch vor gut vier Jahrzehnten schon der österreichische Kabarettist Georg Kreisler in seinem Lied „Schützen wir die Polizei“ boshaft: „Statt der Funkstreifwagen Panzer! Darin kann man zwar nichts sehn, doch es kann auch nichts geschehn. Und an jeder Ecke paar Kanonen für die Leut. Sie wer“n sehn, wie sich Ihr Schutzmann drüber freut.“

Franz-Josef Hanke

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