Soll man das dem BND abkaufen? – Geheimdienst gegen Steuer-Heimlichkeiten

Was sie tun ist streng geheim. Deswegen sind Geheimdienste immer ein Fremdkörper in einem demokratischen Staat. Denn ihre wirksame demokratische Kontrolle ist kaum möglich.

Nicht erst seit der Bespitzelung investigativer Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) müht sich das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Deutschen Bundestags mit mäßigem Erfolg, Licht ins Dunkel der nachrichtendienstlichen Arbeit des BND zu bringen. Auch geheime Flüge der US-amerikanischen Confederate Intelligence Agency (CIA) über deutsche Flughäfen und durch den deutschen Luftraum dürften wahrscheinlich nicht ohne Wissen von BND-Agenten stattgefunden haben. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss bemüht sich hier seit Monaten um Aufklärung.

Nun ist ein neuer Fall öffentlich geworden, der ebenfalls Anlass bietet zu Diskussionen über die Rolle des BND und seine gesetzlichen Aufgaben. Für 4,2 Millionen Euro hat der deutsche Geheimdienst Daten von Kunden der Liechtensteiner LTG-Bank gekauft, die vermutlich in Deutschland hinterzogene Steuern in Liechtenstein angelegt haben.

Als „Amtshilfe“ des BND für die Finanzbehörden haben Regierungsstellen und Abgeordnete der großen Koalition in Berlin diesen Ankauf sensibler Daten gerechtfertigt. Warnende Stimmen hingegen sahen darin eine Aushöhlung der verfassungsmäßigen Trennung von Nachrichtendiensten und Ermittlungsbehörden.

Dieses Trennungsgebot haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes aus leidvoller Erfahrung mit dem nationalsozialistischen Schnüffel-Staat und seiner allmächtigen Geheimen Staatspolizei (GeStaPo) festgeschrieben. Es soll jeder Entwicklung zu einem totalitären Staatswesen von Vornherein einen demokratischen Riegel vorschieben.

Im Gegensatz zu Geheimdiensten müssen Ermittlungsbehörden streng nach Recht und Gesetz arbeiten. Ihre Tätigkeit gemäß der Strafprozessordnung (StPO) ist auch wesentlich leichter kontrollierbar als die der Dienste.

Nun aber mehren sich die Fälle, in denen deutsche Geheimdienste „Amtshilfe“ leisten für die Ermittler von Polizei, Zoll oder Steuerfahndung. Mehr und mehr wird das Trennungsgebot in der Praxis brüchig.

In die sogenannte „Anti-Terror-Datei“ können die Geheimdienste ebenso Einblick nehmen wie die Ermittlungsbehörden. Ihre „Erkenntnisse“ speisen auch sie in diese Datei ein. Dabei mögen sie ihr „Wissen“ mitunter auch auf rechtsstaatlich überaus fragwürdige Weise gewonnen haben. Fraglich ist auch, ob alle ihre „Erkenntnisse“ einer rechtlichen Prüfung überhaupt standhalten würden.

Doch BND und BKA rücken immer enger zusammen. Beide Behörden sind kürzlich in den Regierungssitz Berlin umgezogen. Das Bundeskriminalamt residierte bislang in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. Der BND hatte seine Zentrale in Pullach bei München.

Mit der neuen Nähe geht auch ein Abbau der verwaltungstechnischen Schranken einher, die beide Behörden bislang voneinander getrennt haben. So entsteht nach und nach ungefähr das, was die Mütter und Väter des grundgesetzes mit dem Trennungsgebot unbedingt vermeiden wollten.

Der Ankauf der Liechtensteiner Bank-Daten ist da nur ein weiterer Mosaikstein in der obrigkeitsstaatlichen Schnüffel-Politik des Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble. Jeder mögliche Ermittlungserfolg rechtfertigt für ihn und den BKA-Präsidenten Jörg Zierke die Aushöhlung der Grundrechte von Millionen Menschen.

So legitimieren beide die geplante Online-Durchsuchung ebenso wie die flächendeckende Vorrats-Datenspeicherung aller Telefon- und Internet-Verbindungen. Der Staat müsse sich gegen Kinderpornografie und Terrorismus wirksam wehren können.

Unersättlich ist die Daten-Gier der Behörden. Mehr und mehr gewinnt sie einen offenkundigen Sucht-Charakter.

Gegen Schäubles ständig verschärfte Überwachungs-Maßnahmen nimmt sich der Kauf einer CD mit einigen Tausend Datensätzen von Bankkonten nicht sonderlich problematisch aus. Schließlich besteht ja tatsächlich ein begründeter Verdacht, dass die meisten Betroffenen wirklich Steuersünder sind, die dem deutschen Fiskus größere Geldbeträge vorenthalten wollen.

Vollkommen unbestreitbar ist, dass ein Staat auf die Steuer-Ehrlichkeit seiner Bevölkerung angewiesen ist. Wie sonst könnte er Schulen und Straßen, Rettungsdienste und Sozialleistungen oder Verwaltungsbeamte und Poliziesten finanzieren?

Unbestritten ist auch, dass sogenannte „Steuer-Spar-Modelle“ ein Verbrechen darstellen. Sie betrügen die Gemeinschaft um ihr zustehende Leistungen. Wer seine Steuer vorsätzlich verkürzt, der stellt sich damit moralisch außerhalb der Solidargemeinschaft des Staates.

Nicht zuletzt deswegen ist die moralische Empörung gegenüber dem am Montag (18. Februar) zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post AG durchaus gerechtfertigt, sofern die gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe zutreffen. Mit seinen Liechtensteiner Geschäften hat Klaus Zumwinkel nicht gerade ein ethisches Vorbild abgegeben. Von einem Spitzen-Vertreter der Wirtschaft sollte man zudem etwas mehr Klugheit und Weitblick erwarten dürfen.

Dennoch bleiben in diesem Fall einige Fragen offen. Merkwürdig mutet an, dass ausgerechnet Zumwinkel das erste „Opfer“ der Bochumer Ermittler war.

Wenig glaubwürdig scheint auch die Behauptung, dem BND seien die Daten unverlangt angeboten worden. Schließlich soll der deutsche Dienst schon seit Jahren in Liechtenstein aktiv gewesen sein, um dort Informationen über Geldwäsche aufzuspüren.

Angesichts der zwangsläufigen Skrupellosigkeit nachrichtendienstlicher Arbeit drängt sich auch die Frage auf, ob der BND mit dem Kauf der Daten nicht vielleicht Erpressungsmaterial „besorgt“ haben könnte, das er zur Anwerbung „nützlicher“ Steuerflüchtlinge nutzen könnte. Bei diesem Gedanken läuft dem besorgten Beobachter ein kalter Schauer den Rücken hinunter.

Natürlich steht auch die moralische Frage im Raum, ob die Bundesrepublik Deutschland jemanden 4,2 Millionen Euro dafür bezahlen darf, dass er die Datenschutz-Gesetze seines Heimatlandes gebrochen und das Vertrauen seiner Arbeitgeber verletzt hat. Nicht immer heiligt der Zweck jedes Mittel.

Franz-Josef Hanke

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