Das „Peter-Prinzip“ ist inzwischen zu einem stehenden Begriff für Inkompetenz in Bürokratien geworden. Das „Peter-und-Paul-Prinzip“ erweitert diese strukturellen Gesetzmäßigkeiten aber noch um einen spezifischen Faktor, der nur innerhalb ideologisch ausgerichteter Organisationen wie der katholischen Kirche anzutreffen ist.
Das Peter-Prinzip beschreibt die Art, wie Menschen in einem bürokratischen System Karriere machen: „In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.“
Diese Beförderungs-Struktur wurde 1969 von Laurence J. Peter und Raymond Hull in ihrem Buch „The Peter Principle“ beschrieben. In einer Hierarchie steigt demnach jemand auf, wenn er gute Leistungen erbringt. Seine Vorgesetzten sind mit ihm zufrieden und befördern ihn deshalb immer weiter nach oben, weil
er ihre Erwartungen erfüllt. Schließlich erreicht er den Posten, für den er optimal qualifiziert ist.
Da er hier aber weiterhin hervorragend „funktioniert“, wird er weiter nach oben befördert. So erreicht er schließlich eine Position, der er absolut nicht mehr gewachsen ist. Doch erst dann, wenn seine Inkompetenz für die betreffende Aufgabe offen zutage tritt, endet die Beförderung aufgrund vermeintlicher Kompetenz.
Häufig tritt dann aber ein anderer Mechanismus ein: Loswerden kann man inkompetente Beamte oder Vorgesetzte am ehesten, indem man sie nach oben „weglobt“. So werden viele trotz erwiesener Unfähigkeit noch weiter befördert, um sie an bestimmten Stellen zu „entsorgen“.
Deswegen tummelt sich auf höheren Positionen vor allem in der Öffentlichen Verwaltung meist die versammelte Inkompetenz. Aber auch in der Politik greift dieses Prinzip, wie jeder kritische Beobachter leicht erkennen kann.
In ideologisch verhärteten Institutionen kommt zu diesem Mechanismus indes noch ein weiterer hinzu: Karriere macht dort am ehesten, wer zumindest nach außen die vorherrschende Ideologie uneingeschränkt vertritt.
In der katholischen Kirche ist diese „Lehre“ aber ein Sammelsurium von Bibel-Exegese, Papst- oder Bischofsworten und eigenen Glaubensbekundungen. Vor allem die Ehrlichkeit von Glaubensbeteuerungen ist aber kaum nachprüfbar.
Doch innerhalb der kirchlichen Kreise geht es meist auch nicht um Glaubensbeweise, die ohnehin nur sehr schwer abzuliefern wären. Dort geht es vielmehr um frömmelnde Rhetorik, die auf die Kirchgänger möglichst überzeugend wirken soll. Mit derlei Rhetorik fängt der Klerus seine Schäfchen ein.
Vom „höheren Wesen“ zu reden, erlaubt auch Redewendungen, die manchem zu hoch sind. Schlicht gesagt: Auch grober Unsinn aus dem Mund linientreuer „Hochwürden“ wird gerne geglaubt!
Und so kann bei den Katholiken Karriere machen, wer nur schön über „Gott“ reden kann. Wichtig ist dem Klerus vor allem, dass der Betreffende die Herrschaft der Amtskirche über das gläubige Fußvolk nicht in Frage stellt.
Der Vatikan erhebt schließlich den Anspruch, für die Gläubigen zu reden und zu entscheiden. Für diese Anmaßung steht der Chefideologe des frühen Christentums, den Gott selbst angeblich vom Saulus zum Paulus gewandelt haben soll. Der „heilige“ Paulus erhob als erster den Anspruch, Entscheidungen für und über die Gläubigen zu treffen.
Am Ende der von ihm unter Zuhilfenahme antiker griechischer Philosophie und anderer Versatzstücke eingeleiteten Ideologisierung des Christentums steht das Dogma von der „Unfehlbarkeit“ des Papstes. Daneben steht als Konsequenz dieser ideologischen Verhärtung ein Anforderungsprofil an kirchliche Karrieren, das neben unverzichtbaren organisatorischen und intellektuellen Qualitäten auch die Unterwerfung unter die „Kirchenväter“ sowie „butterweiche“ Eigenschaften im Bereich der Glaubensvorstellungen beinhaltet.
Jede interessierte Person braucht sich nur die Riege der katholischen Kirchenfürsten vom dörflichen Pfarrer bis hin zum großstädtischen Kardinal anzuschauen, um die Ergebnisse dieser strukturellen Bedingungen zu finden. Das „Peter-und-Paul-Prinzip“ ist auf nahezu allen Ebenen der Amtskirche erkennbar.
Glauben ist jedoch etwas ganz Persönliches. Wer daraus eine Ideologie ableitet, der begibt sich in eben jene Spirale hinein, deren Ausdruck am Ende auch das „Peter-und-Paul-Prinzip“ ist.
Franz-Josef Hanke