Der Aufbau dezentraler Wirtschaftsstrukturen ist die richtige Schlussfolgerung aus einer kritischen Betrachtung der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima. Nach einem Erdbeben, dem daraufhin über die Küsten hinwegrollenden Tsunami und dem dadurch ausgelösten Ausfall der Stromversorgung begann am 11. März 2011 die Havarie von gleich vier Atomkraftwerken. Lange haben der Betreiber Tokyo Electric Power Corporation (TEPCO) und die japanische Regierung versucht, die Kernschmelze und die Gefahren für die Bevölkerung zu verharmlosen.
Bis heute haben sie den Menschen noch immer nicht reinen Wein eingeschenkt. Bis heute verharmlosen, verschweigen und gefährden sie die Bevölkerung im Umkreis der Atomanlage.
Zum Jahrestag der auslösenden Naturkatastrophe gehen am Sonntag (11. März) auch in Deutschland wieder Tausende auf die Straße, um für eine Stromversorgung ohne Atomenergie zu demonstrieren. In Marburg findet am Montag (12. März) eine Mahnwache auf dem Elisabeth-Blochmann-Platz statt.
Grund für die Demonstrationen gibt es mehr als genug. Nicht nur das Mitgefühl mit den Menschen in Japan, die Angehörige, Gesundheit und Heimat verloren haben, gebietet das Gedenken; auch die Politik der deutschen Bundesregierung gibt Anlass zur Kritik.
Zwar hatte die Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz nach dem GAU die geplante Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke zurückgenommen und einen Atomausstieg verkündet, doch bereitet sie nun anscheinend schon wieder einen Ausstieg aus dem Ausstieg vor. Bedenklich stimmt jedenfalls die abrupte Kürzung der Förderung von Photovoltaik um bis zu 25 Prozent innerhalb weniger Wochen.
Eine Energiewende scheint so kaum näher zu rücken. Haben die bisherigen Bundesregierungen fast alle die Atom-Lobby mit Milliarden an Fördergeldern und Vergünstigungen beim Versicherungsschutz sowie einer Befreiung von den Entsorgungskosten auf Heftigste subventioniert, so drehen sie nun der Solarenergie den finanziellen Saft ab.
Leicht kann da der Verdacht aufkommen, dahinter stünden vielleicht wirtschaftliche Interessen großer Energiekonzerne. Jedenfalls ist es schon merkwürdig, dass regierungsamtliche Energiepolitik stärker auf Offshore-Windräder setzt als auf dezentrale Stromerzeugung. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt!
Nur zentralisierte Großkraftwerke könnten den Eliktrizitätskonzernen ihre wirtschaftliche Macht einigermaßen sichern. Windräder auf dem Hügel nahe beim Dorf und Solarzellen auf den Dächern schmälern ihre monopolistische Macht.
Dezentrale Strukturen bei der Energiegewinnung sind aber die sinnvollste Form, um Menschen sicher und preisgünstig zu versorgen. Aber diese Strukturen könnten die Gemeinden, die Bürger und kleinere Unternehmen auch ohne die „Großen 4“ betreiben. Das dürfte Vattenfall, dem Rheinisch-Westfälischen Eliktrizitätswerk (RWE), E-On und EnBW gar nicht gefallen!
Am Beispiel der Atomkraft kann man gut erkennen, wie Monopole ihre Marktmacht nutzen, um todbringende Technologien durchzusetzen, wenn sie damit gigantische Gewinne erzielen können. Gleiches gilt aber auch für andere Branchen, wo giftige Chemikalien, mörderische Kriegswaffen oder vergammelte Nahrungsmittel hergestellt und mit Rendite verkauft werden.
Immer größer sind die Konzerne geworden. Damit sie möglichst günstige Bedingungen für Großserien erhalten konnten, wurden die „Märkte“ immer weiter „harmonisiert“.
Ein Produkt dieser Konzerninteressen war die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Um ihre Existenzberechtigung zu verschleiern, wurde sie nach und nach zur Europäischen Union (EU) ausgebaut.
Was Adolf Hitler zwischen 1939 und 1945 nicht gelungen ist, das ist Angela Merkel regelrecht in den Schoß gefallen. Mit der sogenannten „Euro-Krise“ regieren sie und ihr siamesischer Zwillingsbruder Nicholas Sarkozy nund durch bis nach Athen.
Hinter den beiden stehen freilich Konzerne, deren Interessen die deutsche Kanzlerin und der französische STaatspräsident zu verfolgen haben. Allerdings gehören diese Konzerne meist der Finanzbranche an.
Mit der Einführung der Gemeinschaftswährung „Euro“ hatte die EU sich den Durchgriff auf alle beteiligten Länder gesichert. Schon bei der Einführung der D-Mark in der ehemaligen DDR wurde klar: Das Geld regiert die Welt!
Banken, Hedgefonds und Rating-Agenturen diktieren, was Politiker zu tun haben. Die ominösen „Märkte“ drehen an den Kreditbedingungen und erzwingen so Sozialabbau, die Privatisierung von Staatsbetrieben und letztlich sogar das politische Personal in den abhängigen Staaten.
Wer nun einen Ausweg aus diesem Dilemma sucht, dem stellt sich die beängstigende Frage, ob die Netzwerke der Macht überhaupt noch zu brechen sind. Längst sind viele Politiker und Beamte korrumpiert, Kultur- und Sozialeinrichtungen von privaten „Spenden“ abhängig und der viel gepriesene Mittelstand beschnitten.
Echte Märkte, die immer noch nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage unter gleichberechtigten Marktteilnehmern funktionieren, gibt es in vielen Bereichen schon lange nicht mehr. Von „Sozialer Marktwirtschaft“ kann keine Rede sein!
Doch bestehen Ansätze zu einem Paradigmenwechsel. Zarte Pflänzchen einer dezentralen Ökonomie sprießen auf Hausdächern, windigen Bergrücken oder an plätschernden Flussläufen. Die Energiewende ist schon längst im Gange!
„Small is beautyful“, schrieb 1973 der Ökonom Ernst-Friedrich Schumacher. Kleine, dezentrale Wirtschaftseinheiten sind seiner Einschätzung nach effektiver als Großkonzerne. Sie sind für ihn die Zukunft in einem menschen- und umweltfreundlicheren Wirtschaftssystem.
Kleine Einheiten sind nicht nur näher bei den Menschen, sondern auch leichter kontrollierbar für sie. Große zentralisierte Systeme hingegen entziehen sich der demokratischen Kontrolle.
Es ist kein Zufall, dass gerade die kleine Schweiz mit ihrer Direkten Demokratie wirtschaftlich so übermäßig erfolgreich ist. Ihr Vorbild wäre auch im restlichen Europa eine menschenfreundlichere Alternative zur menschenfeindlichen Konzernwirtschaft.
Sicherlich hat auch die Schweiz Schwächen. Ein Ideal gibt es eben nicht. Aber vielleicht könnten andere ja lernen, es noch ein kleines bisschen besser zu machen als die Eidgenossen.
Franz-Josef Hanke