Alles aus Angst: Den Rechtspopulismus an der Wurzel packen

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Tief sitzenden Ängsten ist mit Logik kaum beizukommen. Das ist das Kernproblem im Umgang mit Rechtspopulismus.
Information über Fakten ist im Umgang mit der sogenannten „Alternative für Deutschland“ (AfD) und rechtspopulistischen Postings in „Sozialen Netzwerken“ deswegen zwar unerlässlich, reicht aber nicht aus. Faktchecking bietet die Grundlage für gesellschaftliche Debatten, beseitigt aber nicht die Ängste engstirniger Zeitgenossen. Darum müssen flankierende Maßnahmen an die Seite gründlich geprüfter Informationen treten.
Einerseits ist eine gute Sozialpolitik nötig, um den Menschen ihre Abstiegsängse zu nehmen. Wer Angst um seine materielle Existenz und seine wirtschaftliche Zukunft hat, den werden Fakten über Migration und Flüchtlinge nicht wirklich beruhigen. Ein Sozialsystem, das diesen Namen wirklich verdient, ist deswegen die wichtigste Maßnahme im Kampf gegen Rechtspopulismus.
Zum Anderen müssen die Ängstlichen mit dem Gegenstand ihrer Angst konfrontiert werden. Wer viele freundliche Flüchtlinge kennt, wird Flüchtlinge nicht mehr pauschal als „Gefahr“ bezeichnen. Wer ihre Lebensgeschichten und die Beweggründe für ihre Flucht kennt, wird sie auch nicht als „Schmarotzer“ betrachten, die „uns was wegnehmen wollen“.
In diesem Punkt spielt die Zeit dem Trend zu mehr Toleranz gegenüber Vielfalt in die Hand. Allerdings muss die Einfalt gebremst werden, bevor sie der Vielfalt den Grund und Boden entzieht. Angst darf sich nicht als „Dauerbrenner“ breitmachen in der Politik, weil kluge und zukunftsweisende Entscheidungen dadurch massiv erschwert werden.
Merkwürdigerweise sind es ja Ängste auf beiden Seiten, die beim Thema Migration aufeinandertreffen: Die Alteingesessenen haben Angst vor den Flüchtlingen, weil sie ihr gewohntes Alltagsleben zu bedrohen scheinen. Flüchtlinge wiederum sind in aller Regel geflohen, weil sie in ihrem Herkunftsland Angst hatten um ihr Leben und ihre Existenz.
Im Fall der Geflüchteten ist die Angst meist jedoch eine realistische Furcht vor Gefahren, wogegen sie im Fall der meisten Rechtspopulisten eher eine Ersatzhandlung für die mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft ist, mit Veränderungen in der Gesellschaft und im Alltag adäquat umzugehen. Ängste entstehen hier aus Enge, wohingegen Flüchtlinge ja im wahrsten Sinne der Worte „das Weite“ suchen.
Aufgabe einer klugen Politik und auch zivilgesellschaftlichen Engagements könnte deshalb ein Versuch sein, die Ängstlichen auf beiden Seiten miteinander in Kontakt zu bringen. Allerdings kann das auf keinen Fall durch Druck oder gar Zwang geschehen, sondernnur mit Hilfe von attraktiven Anreizen, die das gegenseitige Verständnis eher fördern können. Dazu ist es notwendig, die bisherige Dominanz egoistischer Gesellschaftsbilder zurückzudrängen zugunsten von Solidarität und Empathie.
Konkret könnte das durch gemeinsame Aktivitäten zur Verbesserung der Alltagssituation von Menschen in einem Stadtviertel, einer Straße oder einem spezifischen gesellschaftlichen Bereich geschehen. Geflüchtete könnten in Hilfsprojekte für Obdachlose oder Alte, Behinderte oder „besorgte Bürger“ eingebunden werden. Allerdings kann man keinem Flüchtling zumuten, sich unmittelbar mit Nazis auseinandersetzen zu müssen.
Letztlich ist des also nicht leicht, Lösungen anzugehen. Ein „Tauschring“ oder gemeinsamer Sport wären dabei ebenso vorstellbar wie Musik und ein gemeinsamer „Frühjahrsputz“ im Quartier. Am Ende einer gelungenen Integration stehen irgendwann Restaurants und Läden von Migrantinnen und Migranten, die die Bevölkerung nach etlichen Jahren irgendwann nicht mehr missen mag.

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