Ein Bleiberecht für eine vierköpfige Familie aus Algerien wünscht sich die
Humanistische Union (HU). Die Bürgerrechtsorganisation bittet die Stadt und
den Kreis, sich dafür einzusetzen.
Trotz einer Flugunfähigkeitsbescheinigung hatten Behörden versucht, eine
hochschwangere Frau abzuschieben. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an der
Weigerung des Piloten, sie mitzunehmen. Für die gescheiterte
Abschiebung sollte dann das Ehepaar durch Kürzung ihrer
Unterstützungsleistungen büßen.
Diesen Kürzungsbescheid hat Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies inzwischen
wieder aufgehoben. Dafür dankt ihm die HU Marburg ausdrücklich. Ebenso lobt
sie den Piloten, der die Verantwortung für die Gesundheit seiner Passagiere
ernst genommen hat.
Polizeibeamte weist die HU darauf hin, dass sie sich weigern können,
problematische Abschiebungen vorzunehmen. Im Fall der hochschwangeren
Algerierin hätte es nach Auffassung der HU Marburg gar keinen
Abschiebeversuch geben dürfen. Allein ihre erwartbare Aufregung über dieses
Vorgehen hätte zu einer Gefährdung der Gesundheit und der Schwangerschaft
führen können.
Deshalb hofft die HU nunmehr auf ein Einsehen der zuständigen Behörden. Die
Bürgerrechtsorganisation bittet den Oberbürgermeister, die Landrätin und die
Gremien von Stadt und Kreis, sich beim Bundesamt für migration und
Flüchtlinge (BAMF) für einen dauerhaften Verbleib der Familie in Marburg
einzusetzen.
„Nach unseren Informationen fürchtet die Frau bei einer Rückkehr in ihr
Herkunftsland ernste Repressalien durch islamistische Verwandte“, erklärte
der Marburger HU-Regionalvorsitzende Franz-Josef Hanke. „Eine Abschiebung
ist deswegen aus bürgerrechtlicher Sicht nicht vertretbar.“
Wenn Marburg tatsächlich eine „Stadt der Zuflucht“ sein soll, dann müssten sich
die Verantwortlichen in Verwaltung und Magistrat für einen Verzicht auf
Abschiebungen zumindest von Familien, Kindern und Schwangeren einsetzen.
Nach Ansicht der HU befördert eine rigide Abschiebepraxis
rechtspopulistische und rassistische Positionen in der Gesellschaft.
„Angesichts der Geschichte zahlreicher Marburger wie Erich Auerbach, der
während der Nazi-Diktatur wegen seiner jüdischen Herkunft in die Türkei
fliehen musste, hat die Stadt eine moralische Pflicht, heutzutage
hilfsbedürftige Menschen aufzunehmen“, erklärte Hanke abschließend.