pm 2/89 * Scheu vor der Öffentlichkeit? HU zum Entwurf des Gentechnik-Gesetzes

Einen Abbau von Schutz- und Bürgerrechten sieht der Ortsverband Marburg der HUMANISTISCHEN UNION in dem am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf eines Gentechnik-Gesetzes.
Die Gentechnik ist, so die HU, in breiten Kreisen der bundesdeutschen Bevölkerung als nicht fehlerverzeihende Risikotechnologie stark umstritten. Wenn nun mit dem Gengesetz die Öffentlichkeitsbeteiligung an Genehmigungsverfahren für gentechnische Produktionsanlagen eingeschränkt werde, müsse das die Befürchtungen der Bürger bestärken, hier werde über ihre Köpfe hinweg entschieden.
Das Bundes-Immissions-Schutzgesetz, wonach bislang auch gentechnische Produktionseinrichtungen genehmigt werden, sieht eine Öffentlichkeitsbeteiligung bei weit weniger gefährlichen Anlagen vor. Nach dem vom Bundeskabinett verabschiedeten Entwurf zum Gengesetz soll eine Beteiligung der Öffentlichkeit nur für den Umgang mit hochpathogenen Krankheitserregern, die gezielte Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen und die Arbeit an Biologischen Waffen vorgeschrieben werden. Das zur Zeit in Marburg laufende Genehmigungsverfahren für die Erythropoitin-Produktion bei den Behring-Werken würde nach Verabschiedung dieses Gesetzes unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfinden.
Als unverantwortlich kritisiert die HU, daß der Entwurf keinerlei einschränkende Regelung gentechnischer Arbeiten am Menschlichen Erbgut enthält. Ein Verbot der Keimbahn-Therapie sei hier zwar durch das ebenfalls in Vorbereitung befindliche „Embryonen-Schutzgesetz“ geplant; dadurch werde aber der Genpantscherei am menschlichen Erbgut kein Riegel vorgeschoben.
Die HU hält eine weitere Debatte der Öffentlichkeit über Gefahren und Möglichkeiten der Gentechnik für dringend erforderlich. Der Marburger Ortsverband der Bürgerrechtsorganisation will Menschen unterstützen, die ihre noch bestehenden Einspruchsrechte zur Artikulation ihrer Besorgnisse nutzen.
Außerdem wird die HU sich in nächster Zeit mit den Aspekten „Humangenetik und Eugenik“ und „Gläserne Menschen“ kritisch auseinandersetzen. Eine Technologie wie die Gentechnik darf nach Ansicht des Verbands nur genutzt werden, wenn ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt ausführlich in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind. Franz-Josef Hanke

Kommentare sind abgeschaltet.