Acht Millionen Euro sollen demnächst die Kranken aufbringen. Nur eine Million der erwarteten Kostenersparnis von neun Millionen Euro steuert der Arzneimittelbereich bei. Diese Zahlen hat die Barmer Ersatzkasse (BEK) nach der neuerlichen Einigung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt mit ihrem CSU-Kollegen Horst Seehofer veröffentlicht. Die Einigung von SPD, Grünen und CDU/CSU zur sogenannten „Gesundheitsreform“ geht also auf Kosten der Kranken.
Über die aktuelle Sozialpolitik möchte der Marburger Ortsverband der Humanistischen Union (HU) bei seinem monatlichen Treffen am Dienstag (26. August) in der Pizzeria „Santa Lucia“ diskutieren. Ab 19.30 Uhr steht dabei nicht nur die „Gesundheitsreform“, sondern auch das Blindengeld zur Debatte.
Mit eindrucksvollen Protestaktionen haben behinderte Menschen im März 2001 in Bremen gegen die damals geplante Abschaffung des Landesblindengeldes und des Landespflegegeldes protestiert. Der Senat unter Bürgermeister Henning Scherff knickte ein: Er versprach, das Blindengeld nicht mehr zur Disposition zu stellen. Dafür willigten die Blindenverbände in eine Kürzung der Leistungen ein.
Doch nur zwei Jahre später erinnert sich Scherff nicht mehr an sein Versprechen. Wieder soll das Blindengeld abgeschafft werden. Wieder hagelt es Proteste.
Diesmal stehen jedoch schon andere Bundesländer in Wartestellung bereit, dem unseligen Bremer Beispiel zu folgen. Auch in Hessen steht eine Auseinandersetzung über das Blindengeld an. Michael Herbst vom
Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf
(DVBS) wird die Anwesenden am Dienstagabend über diese Thematik informieren.
Der
HU-Ortsverband Marburg verweist in diesem Zusammenhang auf das Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz. „Es ist eine tragende Säule der Verfassung, die nicht angesägt werden darf“, warnt HU-Ortsvorsitzender Franz-Josef Hanke. „Krankheit und Behinderung dürfen nicht – nahezu automatisch – zu Armut und Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben führen!“
Über soziale Ausgrenzung will der HU-Ortsverband Marburg auch auf der darauffolgenden Sitzung am Dienstag (30. September) diskutieren. Dann wollen die Marburger Bürgerrechtler die
Praktiken des Arbeitsamtes im Umgang mit den Arbeitslosen einer kritischen Würdigung unterziehen.
„Ein Staat, der der Ausgrenzung alter, behinderter, kranker oder arbeitsloser Menschen nicht entgegenwirkt, opfert damit die Grundlage seiner demokratischen Verfasstheit“, mahnt Hanke. „Der gesellschaftliche Frieden beruht ja gerade auf der Erfahrung, dass die Stärkeren für die Schwachen eintreten. Ohne diese Solidarität verkommt die Gesellschaft zu einer rücksichtslosen Meute darwinistischer Kanibalen.“
Dragan Pavlovic