Verbotene Veranstaltung dennoch durchgeführt – „Hessen hinten“ begann mit einem Vortrag zur „Inneren Sicherheit“

Verboten und trotzdem abgehalten wurde die Auftaktveranstaltung der Reihe “Hessen hinten – Sieben Jahre hessische CDU an der Macht – Eine kritische Bilanz“ am Montag (6. November) im Kulturladen KFZ. Der CDU-geführten Hessischen Landesregierung war der kritische Blick auf ihre Politik wohl doch zu heikel gewesen. Zumindest der, den Marburger Studierende aus dem Referat “Kritische Wissenschaft“ des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA) im Rahmen der von ihnen ins Leben gerufenen Reihe “Hessen hinten!“ wagen wollten.
Schon im Vorfeld war die Veranstaltung von den CDU-Kommunalpolitikern Torben Michael Theis und Oliver Pohland scharf kritisiert worden. Die Auftaktveranstaltung am Montagabend hätte nach dem Willen zweier Jura-Studenten denn auch gar nicht stattfinden sollen. 250.000 Euro Zwangsgeld waren dem AstA vom Verwaltungsgericht Gießen angedroht worden, wenn er sich im Rahmen eben dieser – wohl zu politischen – Veranstaltung über Themen wie die Sicherheits-, Sozial-, Umwelt- oder Migrationspolitik der Hessischen CDU äußern würde. Ebenso wie das Abhalten der angekündigten Termine wurde auch gleich das Verteilen von Informationsblättern verboten.
Retten konnte die Veranstaltungsreihe aber glücklicherweise die Humanistische Union (HU) in Person ihres Landessprechers Franz-Josef Hanke. Er machte sein Unverständnis und Missfallen für diese Art des politischen Muskelspiels deutlich. Nicht nur seiner Meinung nach ist eine derartige Macht-Demonstration verfassungswidrig, da sie Studenten in ihrem Recht der freien Meinungsäußerung erheblich einschränkt.
Nichtsdestotrotz startete “Hessen hinten!“ noch an diesem Abend in die erste Runde. Thema von Hankes Vortrag war „Der Terror der Terrorismus-Bekämpfer“. In seinem halbstündigen Vortrag schöpfte Hanke aus der für ihn so bekannten randvollen Truhe interessanter Fakten und prekärer Anekdoten.
Der von der Marburger CDU als “Falsch-Darsteller“ abgestempelte HU-Vorsitzende blieb dabei doch erstaunlich sachlich – man möchte fast sagen objektiv. Ausgehend von dem Thema des Abends – der Terrorismus-Bekämpfung – beleuchtete Hanke, was sich seit dem 11. September 2001 in Hessen und auf Bundesebene abspielt. Den rund 40 Zuhörern berichtete er zum Beispiel vom Terrorismusbekämpfungs-Ergänzungsgesetz (TBEG), das die Bundesregierung zur
Festschreibung und Erweiterung der Regelungen zur Terrorismusbekämpfung plant.
Interessant war außerdem, zu hören, dass die Politik die Anschläge auf das World Trade Center scheinbar als Startschuss benutzte,
um die Polizeigewalt und -präsenz im eigenen Land auszubauen und den “Ordnungskräften“ den ein oder anderen lange liegengebliebenen Wunsch zu erfüllen.
Hanke betonte im Laufe des Vortrages, dass es unbedingt nötig sei, die Trennung von Polizei und Geheimdiensten beizubehalten. Es wäre ein großer Fehler, aus Angst vor dem Terrorismus wieder ein Gestapo-ähnliches Schreck-Gebilde entstehen zu lassen. Die Bürger forderte er dazu auf, den Schutz ihrer Daten ernst zu nehmen.
In Hessen habe es schon kurz nach dem 11. September eine flächendeckende Rasterfahdnung an den Hochschulen gegeben. Herausgekommen sei dabei aber nichts.
Seit dem Regierungsantritt der CDU im Frühjahr 1999 sei das Hessische Polizeigesetz mehrfach verschärft worden. Andere Vorhaben wie die Einführung einer Freiwilligen-Polizei oder Gebühren für Demonstrationen habe die Landesregierung später wieder zurücknehmen müssen. Als erstes Bundesland habe Hessen ein Gefängnis teilweise privatisiert.
Ohne auf den “Terrorismus“ an sich einzugehen, machte Hanke in seiner 30-minütigen Rede deutlich, dass die Menschen wachsam sein müssten, um nicht alles im Rahmen einer angeblich erhöhten Sicherheit zu ihrem eigenen Schutz mit sich geschehen zu lassen.
Dieser Auftakt-Redner weckte Interesse an weiteren, hoffentlich streitbaren und kontroversen Vorträgen und
Abenden im Rahmen der Reihe “Hessen hinten!“ Zu der Reaktion der CDU auf die kritische Veranstaltungsreihe sei ein
Ausspruch von Klaus Holzkamp – dem Begründer der kritischen Psychologie –
widergegeben: “Wissenschaft ist ein prinzipielles Gegen-den-Strom-Schwimmen.“ Auf ein vielstimmiges Mitschwimmen!

Anika Trebbin

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