Sorgen um die Lebensqualität in Marburg macht sich die Humanistische Union (HU). Nach Ansicht des Arbeitskreises „Erwerbslosigkeit und Soziale Bürgerrechte“ (ESBR) im HU-Ortsverband Marburg lässt die Hessische Landesregierung die mittelhessische Universitätsstadt gnadenlos ausbluten. Nach der Kürzung der Landeszuweisungen an die Philipps-Universität um 6 Millionen Euro jährlich sei die Schließung des Arbeitsgerichts Marburg innerhalb weniger Wochen bereits der zweite schwerwiegende Einschnitt in die regionale Infrastruktur.
Der drohenden Schließung des Botanischen Gartens auf den Lahnbergen möchte die rot-grüne Koalition im Rathaus nun durch Überweisung von 20.000 Euro begegnen. Dieses Geld soll den Freundeskreis des Botanischen Gartens befähigen, das beliebte Naherholungsziel auch weiterhin zugänglich zu halten.
Mangels der Mittel aus dem Landes-Etat musste die Philipps-Universität mehrmals auf private Spenden zurückgreifen. Neben der Sparkassen-Stiftung Marburg-Biedenkopf hatte auch Dr. Reinfried Pohl der Hochschule eine namhafte Spende überreicht.
„Dabei handelt es sich nicht um die – inzwischen leider schon üblichen – Drittmittel“, stellte Franz-Josef Hanke fest. Der Sprecher des HU-Ortsverbands Marburg warnt vor der drohenden „Privatisierung öffentlicher Aufgaben“ und einer „Abdrängung ins Mäzenatentum und ins Ehrenamt“.
Das Land müsse seiner – im Grundgesetz verankerten – Pflicht nachkommen, gleiche Lebensbedingungen für die Menschen zu schaffen. Nach Auffassung des ESBR bedingt diese Verfassungsklausel auch eine gerechte Verteilung von Landes-Einrichtungen auf die verschiedenen Städte und Regionen.
In den vergangenen Jahren habe Marburg überdurchschnittlich stark bluten müssen, stellte der ESBR fest. Obwohl der Anteil von Behinderten an der Gesamtbevölkerung in keiner hessischen Stadt höher ist als in Marburg, hatte das Land das Versorgungsamt an der Robert-Koch-Straße zugunsten des Gießener Standorts geschlossen. „Gerade Behinderten sollte man lange Wege unbedingt ersparen“, forderte Hanke.
Als weiteres Beispiel der Benachteiligung Marburgs nennt Hanke auch die Zusammenlegung der Universitätskliniken Gießen und Marburg. Auch hier hatte das Land die Zentralverwaltung wieder in Gießen angesiedelt, bevor es die Einrichtung verkauft hat.
Die schleichende Schwächung Marburgs, Dillenburgs und Wetzlars zugunsten von Gießen hält Hanke für eine „undemokratische Zentralisierung auf Kosten der Menschen in der mittelhessischen Region“. Besonders die altehrwürdige Universitätsstadt Marburg leide an dieser „Sparpolitik“ zugunsten einer einzigen Nutznießerin.
Die ständige Aufblähung der Verwaltungsdichte in Gießen betrachtet Hanke deswegen mit Argwohn: „Könnte es sein, dass der aus Gießen stammende Innenminister und designierte Ministerpräsident hier pro Domo spart? Wäre es allzu gewagt, die politischen Mehrheitsverhältnisse mit rot-grüner Koalition im Rathaus und einer starken Linken als mögliches Motiv der CDU-geführten Landesregierung für die unverhältnismäßig starke Schwächung Marburgs zu vermuten?“
Franz-Josef Hanke