Kachelmann! Im Zweifel für den Angeklagten? – Der Mannheimer Strafjustiz ging das trübe Wasser aus!

Die öffentlich ausgetragene Schlammschlacht um den – der Vergewaltigung verdäch­tigten – Wetterpropheten Jörg Kachelmann erregte viele Gemüter. Aus den unterschiedlichsten Richtun­gen meldeten sich Stimmen, die alles besser wussten und wissen. Nach der Urteils­verkündigung klatschten die Zuschauer, sie jubelten und fielen sich vor Freude ge­genseitig in die Arme.

War etwa ein Sieg des Rechtsstaats zu feiern? Skepsis ist da wohl angebracht!

Der Vorsitzende Richter am Landgericht Mannheim Seidling sah sich – wohl mit Un­terstützung der gesamten Strafkammer – veranlasst, die mündliche Begründung des Freispruchs mit einer heftigen Kritik an der Verteidigung zu spicken. Allerdings sind Zweifel anzumelden, ob solche Schmähungen als berechtigt anerkannt werden kön­nen.

Strafrichterinnen und Strafrichter fühlen sich stets von engagierten und kompetenten Verteidigerinnen und Verteidigern gestört. Sachliche Kritik konnte Seidling augenscheinlich nicht vorbringen. Jedenfalls war von so etwas in der Presse nichts zu finden.

Der Vorwurf, die Verteidigung habe mehrmals „Anstand und Respekt vermissen las­sen“, verwundert indes nicht. Strafrichterinnen und Strafrichter sind in der Re­gel beleidigt, wenn sie an den Inhalt der für sie geltenden Gesetze – insbesondere die Strafprozessordnung (StPO) – erinnert werden. Dass die darin enthaltenen Regelungen nicht selten den Schutz der Angeklagten vor den Übergriffen eines übermächtigen Staates bezwecken, haben sie aus ihrem Gedächtnis gestrichen.

Ohne eine fachlich geeignete Verteidigung wäre die Mannheimer Strafjustiz – wie üb­lich – nach der Land auf Land ab praktizierten „Drecksack-Theorie“ verfahren: Schuldig ist, wen die Kavallerie der Justiz anklagt. Wie sonst könnte erklärt werden, dass der Wetterfrosch 132 Tage in Untersuchungshaft gehalten worden ist, obwohl weder ein dringender Tatverdacht noch Haftgründe vorlagen.

Der gesunde Menschenverstand hätte ausgereicht, um zu erkennen, dass der Verdacht ge­gen ihn konstruiert worden sein könnte, aus welchen Gründen auch immer. Schon früh stand fest, dass der nette und charmante Wetteronkel viele Freundinnen gleich­zeitig hatte. Warum sollte ausgerechnet eine solche Person geneigt sein, sich sexuelle Befriedigung mit Gewalt gegenüber einer der vielen Freundinnen zu verschaffen?

Zurecht meint Verteidiger Schwenn, dass die Strafkammer seinen Mandanten Kachelmann nur zu gern verurteilt hätte, wäre sie nicht von der Verteidigung daran gehindert worden. Der Freispruch kam, als die Mannheimer Strafjustiz kein trübes Wasser mehr fand, um darin – in dubio contra reo – zu fischen.

Der Ausgang des Wetterfrosch-Prozesses ist dennoch kein Sieg für den Rechtsstaat, sondern ein Armutszeugnis erster Klasse. Jeder normale Mann ohne die finanziellen Möglichkeiten und den Bekanntheitsgrad Kachelmanns wäre dieser Straf­justiz zum Opfer gefallen. Das ist die traurige Wahrheit, die die Journaille mit dem Mäntelchen des Schweigens bedeckt.

In der Regel kann sich nämlich niemand die Einholung umfangreicher und dazu noch privater Gegengutachten leisten; von den geschätzten mindestens sechsstelligen Beträgen zur Finanzierung einer äußerst auf­wendigen Verteidigung ganz zu schweigen! (Siehe dazu das lesenswerte Interview bei „Zeit Online“ mit Herrn Jörg Kachelmann: http://www.zeit.de/2011/24/DOS-Interview-Kachelmann). So gesehen, ist der Ausgang dieses Strafverfahrens ein Beleg für Klassenjustiz in ihrer übelsten Art.

Diese miese Rechtswirklichkeit bewegt sich außerhalb dessen, was die Grundlagen des Grundge­setzes, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der EU-Charta sind. Selbst ein minimales Bewusstsein dafür ist in der Öffentlichkeit nicht vorhanden.

Die revisionssichere Manipulation am Faktum hat mit „Anstand“ nichts zu tun. „Re­spekt“ könnte sich eine unabhängige deutsche Strafjustiz verdienen, wenn sie sich ihre traurige Rolle, die sie in der Geschichte des 19. und 20. Jahrhundert spielte, in ihrer täglichen Arbeit vor Au­gen hielte. Sie hat sich an Recht und Gesetz zu halten, anstatt sich dem Schutz der Exekutive, politischer Cliquen und bestimmter gesellschaftlicher Gruppen verpflichtet zu fühlen.

Tronje Döhmer

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