pm 21/11: Strafverfolgung nach dem Prinzip der drei Affen? – HU zur Debatte um neofaschistische Gewalttaten

„Spätestens nach dem neofaschistischen Brandanschlag vom 5. März 2011 auf das Haus eines katholischen Pastoralreferenten in Wetzlar hat es jeder wissen können“, erklärte der Marburger HU-Vorsitzende Franz-Josef Hanke am Mittwoch (30. November). Irritiert zeigt sich die Humanistische Union Marburg deshalb über die jüngsten Diskussionen im Hinblick auf das Versagen von Polizei, Justiz und Verfassungsschutz bei der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Auch bei der HU Marburg war angesichts einer ganzen Reihe von Vorkommnissen der Eindruck entstanden, die Strafverfolgungsbehörden könnten möglicherweise „auf dem rechten Auge blind“ sein.

Das Urteil wegen des Wetzlarer Brandanschlags ist jetzt rechtskräftig geworden. Dazu hat der Gießener Rechtsanwalt Tronje Döhmer als Vertreter der Nebenklage am Mittwoch (30. November) eine Pressemitteilung veröffentlicht, die diese Tat in Zusammenhang bringt mit den aktuellen Debatten über den Umgang mit neofaschistischen Gewalttaten.

„Während die Strafverfolgungsbehörden demonstrierende Antifaschisten in Dresden mit aller Härte verfolgt haben, räumte die Polizei am 16. Juli 2011 in Gießen einem Aufmarsch von 60 Neonazis den Weg frei, indem sie das Demonstrationsrecht mehrer hundert Gegendemonstranten einschränkte“, resümierte Hanke. 

Die Spaten-Attacke auf eine jugendliche Teilnehmerin an einem linken Zeltlager in der Schwalm und Übergriffe eines Neonazis gegen Nachbarn im Echzeller Ortsteil Gettenau sind für die HU Marburg nur die Spitze des Eisbergs. Auch die Absage des Leitenden Marburger Oberstaatsanwalts Arndt-Peter Köppen, sich an einer Diskussionsrunde der HU Marburg unter dem Titel „Mit Mitteln des Rechts gegen Rechts“ zu beteiligen, hält Hanke nicht gerade für einen Ausdruck vorbildlich demokratischen Verhaltens. Immerhin war es genau jener Köppen, der vor zehn Jahren in Thüringen gegen die nun des Mordes beschuldigten Neonazis ohne Ergebnis ermittelt hat.

Befremdet zeigte sich Hanke über die „schnellen Lösungen“, die sich Innenpolitiker nun von einer Internet-Datenbank versprechen: „Statt den Datenschutz einzuschränken und auch Kontaktpersonen über Jahre hinweg zu speichern, sollten die Verantwortlichen eher einmal ein konsequentes Vorgehen ihrer Ermittler gegen neofaschistisch motivierte Gewalttaten durchsetzen. Anderenfalls ergäbe sich wieder einmal der Eindruck, die Politiker nutzten terroristische Verbrechen aus, um sie als Argumentationshilfe für einen Abbau von Bürgerrechten zu missbrauchen.“

Dragan Pavlovic

Über dp

Pressesprecher der HU Marburg

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