Mehr als 13 Prozent hat die Alternative für Deutschland (AfD) bei den Kommunalwahlen in Hessen am Sonntag (6. März) erhalten. Nun ist der Katzenjammer groß bei den Politikern, die mit bedröppelter Mine dreinschauen und doch schon mit dem Finger auf andere zeigen. Die Bundesregierung sei schuld und ihre Flüchtlingspolitik, sagen einige schon recht rechthaberisch.
Bis zur eigenen Nasenspitze können – oder wollen – die meisten nicht blicken. Wohlfeil war es bisher, die Rechten immer nur in Sachsen auszumachen und im eigenen Umfeld weitgehend auszuschließen; nun aber sind sie in Bad Karlshafen, Büdingen, Leun, Frankfurt und auch im Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Fast vergessen scheint die rechte Vergangenheit von Wölfersheim in der Wetterau. Nie wahrhaben wollten viele die rechten Umtriebe in Amöneburg.
Nicht gerne erinnert werden wollen manche auch an den Wahlkampf von Roland Koch gegen die Doppelte Staatsbürgerschaft und seine antisemitische Lüge von den angeblichen „jüdischen Vermächtnissen“ beim CDU-Parteispendenskandal. Ausgeblendet wird auch die Beihilfe von Volker Bouffier zur Vertuschung der Verstrickung des Hessischen Verfassungsschutzes in die rassistische NSU-Mordserie.
Dem „Wir schaffen das“ der Bundeskanzlerin Angela Merkel haben allzu viele in CSU, CDU und SPD ein „Wir schaffen die“ entgegengehalten. Statt die Ärmel aufzukrempeln, haben viele von einer „Obergrenze“ geschwafelt und die Stimmung gegen Flüchtlinge dadurch mit angeheizt.
Doch wer rechte Wähler wirbt, wird sie dort wiederfinden, wo sie hingehören: Rechte Parteien sahnen am Ende ab, was Populisten ungerührt angerührt haben. Wer von „Flut“ oder „Welle“ spricht, lenkt damit Wasser auf die Mühlen derjenigen, die die Obergrenze mit Hilfe von Schießbefehlen oder Brandstiftung durchsetzen wollen.
Wer vor Hunger, Elend und Krieg flieht, lässt sich nicht so einfach abhalten vom weiteren Weg ins gelobte Land. Wer mit überfüllten Schlauchbooten unter Lebensgefahr über“s Meer hergekommen ist, wird auch Zäune nicht für ein unüberwindliches Hindernis halten.
Die Flucht vieler verzweifelter Menschen ist letztlich die Folge jahrzehntelanger verfehlter Politik: Waffenhandel und Kriegstreiberei, Umweltzerstörung und Ausplünderung der sogenannten „3. Welt“ zeigen nun ihre Zähne. Die vielgepriesene Globalisierung folgt nun den Geldströmen, die aus den ausgeplünderten Ländern nach Europa oder in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) geflossen sind.
Frankfurt mit seinen profitgierigen Banken und einer Renditeerwartung von 25 Prozent bekommt nun die Quittung für seine hässliche Rolle bei der rücksichtslosen Verwertung von Menschen als „Humankapital“. Die Grünen bekommen die verdiente Quittung für ihren Verrat an der Umwelt und ihren einstigen Idealen. Die Wahlberechtigten bekommen die Rechnung dafür präsentiert, dass die meisten von ihnen wohl geglaubt haben, Demokratie fiele ihnen ohne größere Anstrengung einfach in den Schoß.
Solidarität ist nötig: Flüchtlinge bedürfen ihrer ebenso wie diejenigen, die in der egoistischen „Leistungsgesellschaft“ herauszufallen drohen. Menschlichkeit muss an die Stelle von Gier, Geld, Geschäft und rücksichtsloser Durchsetzung eigener Interessen treten.
Franz-Josef Hanke