Rede des Vorsitzenden der Humanistisch Union Marburg zur Preisverleihung des Marburger Leuchtfeuers an Lutz Götzfried
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Festgäste, liebe Freundinnen und Freunde sowie – last, but not least – lieber Preisträger Lutz Götzfried!
Bevor ich Sie im Namen der Humanistischen Union zur Preisverleihung begrüße, möchte ich noch der Bitte meines einstigen Kommilitonen Franz Kahle nachkommen, der heute nicht hier sein kann. Bürgermeister Dr. Kahle hat mich gebeten, dem Preisträger seine persönlichen Glückwünsche zu überbringen, was ich hiermit gern tue.
Bereits zum zwölften Mal stehe ich hier am Redepult und begrüße die Festgäste zu einer Preisverleihung des Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrechte. Alles ist wie in den vorangegangenen elf Jahren; und doch ist alles anders: Diesmal steht hier nicht Egon Vaupel als Oberbürgermeister, sondern Dr. Thomas Spies. Dennoch ist auch Herr Vaupel hier, diesmal allerdings als Sprecher der Jury. Ihnen beiden möchte ich dafür danken, dass Sie uns so die Fortsetzung einer lieb gewordenen Tradition ermöglichen und zugleich auch ihre zeitgemäße Erneuerung.
Noch etwas ist anders in Marburg: Seit Juli 2015 gibt es das Flüchtlingscamp in Cappel. Der Krieg ist nun nicht mehr weit weg, sondern klopft bei uns an und bittet um Aufnahme tausender Kinder, Frauen und Männer, die ihre Heimat verlassen mussten und auf gefährlichen Wegen hierher gekommen sind.
Ausdrücklich begrüßen möchte ich deshalb heute auch alle Menschen, die von irgendwo anders nach Marburg gekommen sind, um in dieser altehrwürdigen Universitätsstadt gemeinsam mit uns den Alltag zu verbringen und die Zukunft zu gestalten. Auch ich bin ja ein „Ausländer“, zumindest wenn man die Zeit vor 1870 zum Maßstab nimmt, als das Rheinland, wo ich herkomme, und Hessen noch unterschiedliche Länder waren. Allein diese Bemerkung mag veranschaulichen, wie unsinnig und unmenschlich Fremdenhass ist und wie wichtig die Solidarität mit Menschen, die ihre Heimat wegen Hungers oder Kriegs verlassen mussten und hier Schutz suchen.
Liebe Flüchtlinge aus Syrien, aus Afrika oder Asien oder von wo auch immer, seien Sie herzlich willkommen und beteiligen Sie sich an unserer großen Aufgabe, Marburg und Deutschland zu einem Ort der Mitmenschlichkeit, des Respekts und des gemeinsamen Engagements zu machen für alle Menschen ohne Ansehen ihrer Herkunft, Religion, sexuellen Orientierung, Behinderung oder ihres Alters. An dieser Kultur gelebter Demokratie möchte die Humanistische Union mitwirken auch mit dem Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte, das wir hier heute an Lutz Götzfried verleihen.
Mit dem Leuchtfeuer ehren wir eine Einzelperson für herausragendes Engagement. Klar ist jedoch, dass niemand solch herausragende Leistungen erbringen kann ohne die Unterstützung vieler Mitmenschen. Deswegen danke ich heute ausdrücklich auch Carin Götzfried als der Vorsitzenden des Vereins „MOBilO“ und den vielen weiteren Mitwirkenden im Spiegelslustturm.
Klar ist, dass es viele Menschen gibt, die sich tagtäglich für die Gemeinschaft einsetzen und dafür ebenso ein „Dankeschön“ verdient hätten. Stellvertretend für sie alle nenne ich hier nur die weit über 1.000 Menschen, die sich allein in Marburg bei der Flüchtlingshilfe engagieren. Sie alle, liebe Mitmenschen, machen diese Stadt, dieses Land und diese Welt lebenswert und geben mir die Zuversicht, dass unsere gemeinsame Zukunft solidarisch und erfreulich sein wird.
Das musste ich jetzt einfach mal sagen, weil ich mich maßlos über Äußerungen ärgere, die die Hautfarbe eines Menschen zum Kriterium erklären, ob man ihn als Nachbarn haben wolle oder nicht. Solch rassistische Hetze gehört nicht in die Nachrichten und nicht in die Zeitung, sondern auf den Müllhaufen der ewig gestrigen Parolen von Dumpfbacken, die besser schweigen würden, als sich hinterher nicht mehr an ihr dummes Geschwätz von gestern zu erinnern.
Ich bin froh, in einer Stadt zu leben, wo solche Sprüche über dunkle Haut auf keine Kuhhaut gehen. Ich bin dankbar dafür, dass Oberbürgermeister Spies bei der Willkommenskultur vorangeht ebenso, wie das sein Amtsvorgänger Vaupel vorher auch schon getan hat und wie es hier in Marburg seit Langem gute Tradition ist.
Liebe Festgäste, lassen Sie uns gemeinsam diese Kultur des Miteinanders und Füreinanders weiter pflegen und ausbauen! Lassen Sie uns heute mit Freude die Feierstunde gemeinsam verbringen, die uns zeigt, das Engagement Spaß machen kann sowohl denen, die sich einsetzen, als auch denen, denen dieses Engagement gilt! In diesem Sinne: Viel Spaß!
Franz-Josef Hanke