Als „ungerechtfertigten und überzogenen Eingriff in die Bürgerrechte“ kritisiert die Humanistische Union die am Dienstagabend im Wiesbadener Landtag beschlossene Änderung des Hessischen Polizeigesetzes. Die darin vorgesehenen Eingriffe in die Freiheitsrechte von Bürgerinnen und Bürgern seien weder notwendig noch sinnvoll. Nach der neuen Regelung darf die Polizei künftig Personen, die als „Rädelsführer“ verdächtigt werden, bis zu sechs Tage lang inhaftieren. Diese Regelung eröffnet der Polizei nach Befürchtungen des HU-Ortsvorsitzenden Franz-Josef Hanke „zu viel Spielraum für freiheitsentziehende Maßnahmen“. Damit schaffe die konservativ-liberale Landesregierung eine rechtliche Grundlage für willkürliche Verhaftungen kritischer Bürgerinnen und Bürger. Auch die nach dem neuen Gesetz ermöglichte „Schleyer-Fahndung“, womit Personenkontrollen auf überregionalen Straßen auch ohne konkreten Anlaß durchgeführt werden dürfen, hält die HU für eine übermäßige Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Beide Regelungen zeigten laut Hanke „polizeistaatliche Züge“ und widersprächen rechtsstaatlichen Grundsätzen. Danach müsse jeder Eingriff in Bürgerrechte auf das geringstmögliche Maß begrenzt werden. Bedenken äußert Deutschlands erste Bürgerrechtsorganisation schließlich auch gegen die Video-Überwachung auf öffentlichen Plätzen und Straßen, die nach dem neuen Gesetz wie auch nach einem vorletzte Woche veröffentlichten Beschluß der Innenministerkonferenz rechtlich geregelt wird. Problematisch ist nach Einschätzung von Bürgerrechtlern und Datenschützern der Umgang mit dem hierbei aufgenommenen Filmmaterial. Die moderne Computertechnik ermöglicht eine automatisierte Erkennung von Personen; eine Vernetzung der Daten verschiedener Aufnahmeorte eröffnet darüber hinaus bei flächendeckendem Einsatz von Videokameras die Erstellung von Bewegungsprofilen der Bevölkerung. Diese Gefahr muß nach Auffassung der Humanistischen Union abgewendet werden. Schließlich verhindere die Video-Überwachung keine einzige Straftat und schaffe damit keine Sicherheit, vielmehr wecke sie ein trügerisches Sicherheitsgefühl: „Eine Kamera kann Straftaten höchstens dokumentieren und so zur Überführung der Täter beitragen“, stellt Hanke fest, „bis die Polizei auf Beobachtungen in der Überwachungszentrale reagieren und Maßnahmen vor Ort ergreifen kann, ist es meistens aber schon zu spät“. Straftaten würden dann von den überwachten Plätzen in Nebenstraßen verlagert und so eine immer weitere Verdichtung des Überwachungsnetzes und damit eine immer größere Überlastung der Zentrale bewirken. Hanke bevorzugt statt der Investitionen in Technik mehr Personal auf Bussen und Bahnen und zusätzliche Fußstreifen der Polizei.
Dragan Pavlovic