Friedlicher Widerstand gegen Atomwaffen auf deutschem Boden ist gerechtfertigt. Zu diesem Schluss kam die Mitgliederversammlung des HU-Ortsverbands Marburg am Dienstagabend (27. März) nach ausführlicher Diskussion über „Aktionen und Aktionsformen der Friedensbewegung“.
Bei einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung der Humanistischen Union(HU) beschlossen die Anwesenden einhellig, eine Petition zu unterstützen, die ein „Recht auf Kriegssteuerverweigerung aus Gewissensgründen“ fordert. Ebenso unterstützt der HU-Ortsverband Marburg friedliche Proteste gegen die Lagerung von Atomwaffen auf dem Luftwaffen-Stützpunkt Büchel in der Eifel. Die Staufenberger Pfarrerin Ilse Staude von der Gruppe „Steuern zu Pflugscharen“ begründete ihre Teilnahme an Aktionen zivilen Widerstands gegen Atomwaffen mit der Sorge um ihre Kinder und die Schülerinnen und Schüler, die sie an einem Gymnasium unterrichtet. Auch das Aufschneiden eines Zauns des Militärgeländes Büchel, wofür sie mit einer Geldstrafe von 600 DM belegt wurde, hält sie angesichts der dort gelagerten 12 Atomwaffen für gerechtfertigt. Nur durch das Eindringen auf das Gelände – gemeinsam mit vier weiteren Friedens-Aktivisten – habe sie auf diesen völkerrechtswidrigen Zustand aufmerksam machen können. In einem Gutachten hat der Internationale Gerichtshof in Den Haag den Besitz und die Lagerung von Atomwaffen sowie die Drohung mit ihnen als Verstoß gegen das Völkerrecht beurteilt. Angesichts der Schwere dieses fortgesetzten Völkerrechtsbruchs hält der Marburger Rechtsanwalt und Notar Dr. Peter Becker, Vorsitzender der Deutschen Sektion der „International Association of Lawyers against Nuclear Arms“ (IALANA) auch „eine so geringfügige Sachbeschädigung wie das Aufschneiden eines Zauns“ für gerechtfertigt. Der HU-Ortsverband Marburg unterstützt deswegen Aktionen friedlichen Widerstands gegen eine weitere Lagerung von Atomwaffen in Büchel. Die Verwendung von Steuergeldern zugunsten nichtmilitärischer Konfliktlösungen anstatt ihr Einsatz für den Militäretat ist eine weitere Forderung der Bürgerrechtler. Der HU-Ortsverband Marburg hat deswegen den Aufruf der Gruppe „Steuern zu Pflugscharen“ unterzeichnet, der eine Verankerung des Rechts auf Kriegssteuerverweigerung aus Gewissensgründen fordert. Bürgerinnen und Bürger sollten das Recht haben, eine Verwendung ihrer Steuergelder ausschließlich zu friedlichen Zwecken festlegen zu können. Das Budgetrecht des Parlaments sei – so Peter Becker – nachrangig hinter der grundgesetzlich garantierten Gewissensfreiheit jedes Menschen zu werten.
Mit ihrem Vorstoß zugunsten friedlicher Proteste gegen Atomwaffen und der Umlenkung von Steuern aus dem Rüstungshaushalt in friedliche Aufgaben möchte die Humanistische Union eine kritische Debatte um eine neue Außenpolitik eröffnen, die auf friedliche Konfliktlösungen statt auf Militäreinsätze setzt. Der Kosovo-Krieg habe gezeigt, dass allein zivile Konfliktlösungsmechanismen geeignet sind, Streit aus ethnischen, religiösen oder wirtschaftlichen Gründen dauerhaft zu schlichten.
Dragan Pavlovic