„Die Abgeordneten dürfen dem faulen Kompromiss des Vermittlungsausschusses zur angeblichen Reform des Arbeitsmarktes nicht zustimmen!“ Diese Forderung richtet der
Arbeitskreis „Erwerbslosigkeit und Soziale Bürgerrechte“ (ESBR) der Humanistischen Union (HU) in einem Mailing an die Volksvertreter. Diese Aktion kündigte der HU-Ortsverband Marburg am Mittwoch (17. Dezember) nach der ersten Sitzung seines neugegründeten Arbeitskreises an.
Sieben Erwerbslose und fünf Aktive der HU hatten sich am Dienstagabend (16. Dezember) zusammengefunden, um gemeinsame Aktivitäten für eine zukunftsweisende Sozialpolitik zu besprechen. Kritisiert der Arbeitskreis bereits die sogenannten „Hartz-Reformen“, so fällt seine Kritik am Ergebnis der Beratungen des Vermittlungsausschusses von Sonntagnacht noch schärfer aus: „Das ist ein fauler Kompromiss auf Kosten von Millionen Menschen, der noch hinter die schlechte Vorlage der rot-grünen Bundesregierung zurückfällt. Die bisher schon problematische Situation vieler Menschen wird dadurch noch verschlimmert.“
Wichtigster Kritikpunkt ist die weitere Aufweichung der Zumutbarkeitsregelungen. Sie zwingen Erwerbslose zur Annahme praktisch aller angebotenen Jobs, auch wenn diese den Beschäftigten nicht ernähren oder Familien auseinanderreißen. Diese Regelung wird nach Einschätzung des Marburger HU-Vorsitzenden Franz-Josef Hanke verheerende psychologische Effekte haben: „Die – oft hart erarbeitete – Qualifikation von Erwerbslosen wird dadurch völlig wertlos. Damit wird zugleich der betroffene Mensch entwertet.“
Der HU-Ortsverband Marburg hält Teile des jetzt vorgelegten „Reform“-Pakets für verfassungswidrig. Schließlich sind im Grundgesetz – nicht zuletzt auch wegen der schlimmen Erfahrungen aus der deutschen Geschichte – das Sozialstaatsprinzip und die Würde des Menschen als unabänderliche Verfassungsgrundsätze verankert. Nach Verabschiedung der jetzt vorliegenden „Reformen“ könne das deutsche „Sozialsystem“ diesen Namen aber nicht mehr zu Recht tragen.
Die Beratungen im Vermittlungsausschuss kritisiert der Arbeitskreis auch wegen des unnötigen Zeitdrucks, unter dem das Ergebnis der Öffentlichkeit unbedingt noch vor Weihnachten präsentiert werden sollte. Die unprofessionelle Arbeit der Politiker und ihrer Beamten verdeutliche nichts klarer als der hinterher „plötzlich aufgetauchte“ Differenzbetrag von mehr als einer Milliarde Euro!
Der Arbeitskreis ermutigt diejenigen Abgeordneten, die dem Vermittlungsergebnis kritisch gegenüberstehen, ihre Ablehnung auch bei der Abstimmung im Parlament zu demonstrieren. Schließlich sind Millionen Menschen existentiell von dieser Entscheidung abhängig! Die HU fordert die Politiker auf: „Beteiligen Sie sich nicht mit Ihrem Votum an einer effekthascherischen Schlamperei auf Kosten sozial benachteiligter Bürgerinnen und Bürger!“
Mitglieder des Arbeitskreises werden die Abgeordneten des Deutschen Bundestags bis zur nächsten Lesung der „Reform“-Gesetze am Freitag (19. Dezember) anschreiben und sie auffordern, der Vorlage aus dem Vermittlungsausschuss nicht zuzustimmen. „Der mit Einführung des „Arbeitslosengelds 2″ geplante Griff in die Taschen Erwerbsloser wird die Binnen-Nachfrage weiter schwächen und damit auch einen exportgestützten Aufschwung der deutschen Wirtschaft erschweren“, erwarten die Mitglieder des Arbeitskreises.“ Woher soll der vielbeschworene Aufschwung kommen, wenn man den Leuten das Geld für den Konsum aus der Tasche nimmt?“
Dragan Pavlovic