„Beim Schutz der Privatsphäre der Bürger hat die Bundesregierung dramatisch versagt. Dieses Fazit zieht die Humanistische Union (HU) zwei Jahre nach Veröffentlichung der ersten „Snowden-Dokumente“. Massive Einwände erhebt die Bürgerrechtsorganisation gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung (VDS) und das neue Verfassungsschutzgesetz.
Die ersten Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden zur Massenüberwachung der National Security Agency(NSA) waren am 4. Juni 2013 veröffentlicht worden. In den zwei Jahren seither hat sich an der millionenfachen Bespitzelung unbescholtener Bürgerinnen und Bürger in Deutschland und Europa nichts geändert, bemängelt die HU Marburg. Lediglich in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) werde derzeit kritisch über die Massenüberwachung und ihre Eingrenzung nachgedacht.
„Breite Proteste der Bevölkerung in Deutschland haben hingegen keine positive Wirkung gezeitigt“, stellt der HU-Regionalvorsitzende Franz-Josef Hanke ernüchtert fest. „Vielmehr stehen mit der Vorratsdatenspeicherung und dem neuen Verfassungsschutzgesetz sogar zusätzliche Einschnitte in die Privatsphäre und die Freiheitsrechte der Bevölkerung auf dem Programm.“
In der VDS sieht die HU eine verfassungswidrige Aushebelung elementarer Grundrechte ohne nachweisbare Erfolgsaussichten. „Der Generalverdacht wird auch nicht dadurch besser, dass man die Speicherdaten der erfassten Daten verkürzt“, bemängelte Hanke. Die oft angeführte Behauptung, die Erfassung aller Telefon- und Internetdaten sei nötig, um Verbrechen zu bekämpfen, konnte bislang noch niemand klar belegen.
Das geplante Verfassungsschutzgesetz soll V-Leute von Strafverfolgung freistellen. Darin sieht die HU einen gravierenden Bruch des Rechtsstaatsprinzips. „Der Staat kann sich und seinen Erfüllungsgehilfen nicht generell Straffreiheit zubilligen“, kritisierte Hanke.
Das Vorgehen der Großen Koalition in Berlin missachte alle Erfahrungen aus der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) und der dubiosen Verstrickung von V-Leuten und Geheimdiensten in diese Taten. Darin sieht die HU eine erschreckende Verhöhnung der Ogfer.
Mit ihrer bundesweiten Kampagne „Ausgeschnüffelt“ setzt sich die Humanistische Union für eine Auflösung der Geheimdienste ein. Ihre demokratische Kontrolle hält sie für ebenso unmöglich wie ihre demokratische Umgestaltung. Das habe der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags wie auch der NSU-Untersuchungsausschuss des thüringischen Landtags klar gezeigt.
Daher ruft die HU die Bevölkerung auf,bei den Abgeordneten des Deutschen Bundestags gegen die geplanten „Ermächtigungsgesetze“ zu protestieren. „Täter vom Dienst“ dürfe es ebensowenig geben wie einen Überwachungsstaat. Vielmehr müsse Europa „mehr Demokratie wagen“.
Dragan Pavlovic