Für die Humanistische Union (HU) hat Franz-Josef Hanke am 13. Juni 2018 die Festgäste im Historischen Saal des Marburger Rathauses zur Preisverleihung des Marburger Leuchtfeuers begrüßt. Die undotierte Auszeichnung nahm Eintracht-Präsident Peter Fischer entgegen.
Im Namen der Humanistischen Union begrüße ich Sie alle zur Verleihung des „Marburger Leuchtfeuers für Soziale Bürgerrechte“. Ich freue mich sehr, dass gerade hier im Historischen Saal des Rathauses der Universitätsstadt Marburg ganz im Sinne der „Renaissance“ – der Wiedergeburt antiker Kunst, Kultur und Philosophie – mit Peter Fischer erneut ein strahlendes Leuchtfeuer für Humanität, Haltung und Mut ausgezeichnet wird. Danken möchte ich Monika Bunk von der Jüdischen Gemeinde Marburg, die hier heute die Laudatio auf den Preisträger halten wird.
Ganz zu Beginn ist heute die Fanfare „AfD nee!“ erklungen. Für seine Komposition hat Jochen Schäfer übelste Beschimpfungen unterhalb der Gürtellinie einstecken müssen. Wer sich selbst ein Urteil über diese peinliche Kritik bilden möchte, kann die Kommentare auf Youtube immer noch unter dem Video der Uraufführung am 10. Dezember 2017 nachlesen.
Die heutige Preisverleihung richtet sich nicht gegen eine Partei, sondern gegen den menschenverachtenden Umgang mit demokratischen Haltungen. Mit der Preisvergabe an Peter Fischer wollen wir Menschen dazu ermutigen, Haltung zu zeigen und aufzustehen für Vielfalt und Respekt. Wer andere Menschen mit Hetze und Schmähungen in ihrer Menschenwürde verletzt, der grenzt sich damit selber aus aus dem demokratischen Konsens und der gesellschaftlichen Solidarität.
Erlauben Sie mir vorab eine persönliche Bemerkung: Der 13. Juni ist der Geburtstag meines Vaters Günter Hanke. „Ich wäre ja gern zur Hitler-Jugend gegangen, aber mein Vater hat es mir verboten“, hat er mir erzählt.
Als Einziger an der Schule, der nicht bei der Hitler-Jugend war, kassierte er von seinem Banknachbarn nach Unterrichtsschluss Prügel. Erst da wurde meinem Vater klar, dass er auf der richtigen Seite war. Sein Banknachbar, der oberste Führer der Hitler-Jugend in Danzig, war der spätere SPD-Bundesminister Horst Ehmke.
Im Bund der Danziger und auch im Bund der Vertriebenen hat mein Vater sich für das Erinnern an die alte Heimat ebenso eingesetzt wie für die Versöhnung mit Polen. Als in den 80er Jahren die Partei „Republikaner“ Stände bei Veranstaltungen des BdV aufstellen wollte, hat mein Vater sich entschieden dagegen gewehrt mit der Erklärung: „Nie wieder Faschismus! Wenn hier Stände der Republikaner mit faschistischen Aussagen geduldet werden, dann lege ich meine Ämter nieder.“
Günter Hanke musste sein Amt als Landesvorsitzender des Bunds der Vertriebenen in Nordrhein-Westfalen nicht niederlegen. Nur so viel dazu, dass klares Eintreten für Humanismus und Respekt vor Vielfalt und Menschenwürde kein Alleinstellungsmerkmal „linker Politik“ sein kann, sondern in allen gesellschaftlichen Bereichen unerlässlich ist.
Erlauben Sie mir bitte noch eine zweite persönliche Anmerkung: Dem Profi-Sport stehe ich eher skeptisch gegenüber. Die riesigen Summen, die da bewegt werden, erzeugen in mir mitunter ebenso großes Unbehagen wie persönliche Erlebnisse nach Fußballspielen mit „Sieg-Heil-Rufen“ besoffener Fans.
Als ich aber letztes Jahr in Marburg für einen Geflüchteten einen Fußballverein gesucht habe, war ich sehr positiv überrascht über das Engagement der Aktiven. Binnen einer halben Stunde meldete sich der Vereinspräsident; und vor dem ersten Training schenkte der Trainer meinem eritreischen Freund eine Tasche voller Sportklamotten einschließlich der Fußballschuhe.
Nicht nur in Marburg sind die Sportvereine längst zu wichtigen Trägern praktischer Integration geworden. Dafür möchte ich allen danken, die sich im Sport engagieren und dabei nicht auf Hautfarbe oder Herkunft der Fußballer schauen. Bitte betrachten Sie die heutige Auszeichnung an Peter Fischer auch als Ausdruck der Wertschätzung für Ihren Einsatz!
In diesem Zusammenhang fällt mir der Titel eines Buchs von Samuel Drechsel ein. Das Hörbuch hat der unvergessene Dieter Hildebrandt aufgesprochen, der ebenso wie sein „Entdecker“ und Mentor Sammy Drechsel Fußballfan war. Der Titel des Buchs ist – leider im Gegensatz zu seinem Autor, dem Gründender der legendären „Münchener Lach- und Schießgesellschaft“ – aus dem Fußball nicht mehr wegzudenken: „Elf Freunde sollt Ihr sein!“
Freundschaft und Mitmenschlichkeit für alle Menschen sind das eigentliche Motiv für die heutige Preisverleihung. Deswegen gratuliere ich zum Schluss unserem neuen Leuchtfeuer-preisträger Peter Fischer zu seinem Mut und seiner Haltung sowie der Eintracht Frankfurt zu diesem Präsidenten und – nicht zuletzt natürlich auch – zum DFB-Pokal. An dem 19. Mai war ich zu einer Familienfeier in Berlin und habe oben auf der Reichstagsterrasse die Eintracht-Fans in den Booten auf der Spree laut singen hören.
Über das Ergebnis des Pokalfinales habe ich mich aus gleich zwei Gründen gefreut: Erstens hat nicht das große Geld gewonnen, sondern Einsatzbereitschaft und Intelligenz. Zweitens habe ich zur heutigen Veranstaltung einen Preisträger hier, dem ich zugleich als Pokalsieger und Leuchtfeuer-Preisträger gratulieren darf.