pm 2/92: HU zur Genom-Analyse – Kein Mensch darf wegen gesundheitlicher Einschränkungen oder wegen seiner Erbanlag en aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden!

Kein Mensch darf wegen gesundheitlicher Einschränkungen oder wegen seiner Erbanlagen aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden!
Angesichts der neuen Möglichkeiten genetischer Tests gewinnt diese Forderung nach Auffassung der Humanistischen Union zunehmend an Bedeutung.
Eine Ausgrenzung Kranker, Behinderter oder erbgeschädigter Menschen aus dem Arbeitsleben oder ihre Benachteiligung beim Abschluß von Kranken- und Lebensversicherungen müsse verhindert werden. Zum Schutz des Rechts auf Gleichbehandlung aller Bürger fordert die HU deswegen ei gesetzliches Verbot der Genom-Analyse bei Arbeitnehmern, Arbeitssuchenden und beim Abschluß von Versicherungen.
Am Freitag (30. Oktober) findet in Bonn eine ministerielle Anhörung zum Themenkomplex „Genomanalyse“ statt. Ziel ist die Ausarbeitung eines „Genomanalysegesetzes“, dessen inhaltlicher Rahmen durch diese Anhörung abgesteckt werden soll.
Die Humanistische Union sieht dringenden Regelungsbedarf vor allem im Bereich des sogenannten „Arbeitnehmer-Screening“, wo eine Durchleuchtung von Mitarbeitern oder Bewerbern durch den Arbeitgeber verboten werden müsste. Verhindern möchte die HU aber auch den Einsatz genetischer Untersuchungen durch Versicherungen.
Eng gefaßte Regelungen wünscht sich die Bürgerrechtsorganisation auch für die Pränataldiagnostik. Hier müsse der Schutz behinderten Lebens zur Maxime der humangenetischen Beratung erklärt werden. Keineswegs dürfe die derzeitige Praxis, die oftmals eher Behinderte vermeidet anstatt Behinderungen zu vermeiden, bruchlos weitergeführt werden; vielmehr müsse die Hilfe für schwangere Frauen im Vordergrund stehen, die die Geburt eines behinderten Kindes befürchteten.
Die Gentechnik weckt nach Auffassung der Humanistischen Union die trügerische Illusion, Behinderungen bereits vor der Geburt eines Kindes sicher diagnostizieren und dann die Geburt eines behinderten Kindes verhindern zu können. Wichtig sei sowohl die Hilfe für Eltern behinderter Kinder, denen mehr Einrichtungen der Früherkennung und Frühförderung zur Seite gestellt werden müßten, als auch die Hilfe für diejenigen Frauen, die sich der Mutterschaft gegenüber einem behinderten Kind nicht gewachsen fühlen. In einem „Abbruch-Automatismus“, wie ihn die HU derzeit leider bei vielen Humangenetikern beobachtet, sieht die Bürgerrechtsorganisation eine gefährliche Infragestellung des Lebensrechts behinderter Menschen.
Ein weiterer Punkt in einem „Genomanalysegesetz“ müßte nach Überzeugung der Humanistischen Union der Schutz von Kranken- und Erbdaten der Bürger sein. Derartige persönliche Informationen gehörten ganz besonders gut gesichert, soweit sie überhaupt erhoben werden.
Auch die Frage, ob, wann und wo überhaupt genetische Daten erhoben werden dürfen, müsse vom Gesetzgeber beantwortet werden. Dabei stellt die Gentechnik neue Anforderungen an den Datenschutz, ist diese Technologie doch in der Lage, aus den Informationen über einen Bürger auch Rückschlüsse über dessen Verwandte zu eröffnen. Deren berechtigtes Interesse am Schutz ihrer persönlichen Daten müsse vom Deutschen Bundestag ernst genommen und in einen klaren gesetzlichen Rahmen gefasst werden.
Die Gentechnik und ihre neuartigen Möglichkeiten bergen nach Einschätzung der HU viele Gefahren für die Gesellschaft, die nur durch gesetzliche Einschränkungen eingegrenzt werden können. Über die Gentechnologie und ihre möglichen Auswirkungen auf die Bürgerrechte will die HU auf ihrer Tagung „Der Griff nach den gläsernen Genen“ am 30. und 31. Oktober in Marburg debattieren. Franz-Josef Hanke

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