Abgeordnete als Abzocker in einem Selbstbedienungsladen – dieses Bild hat sich in vielen Köpfen festgesetzt. Schuld daran sind einige unersättliche Parlamentarier, denen ihre Diäten nicht reichen. Mancher erledigt „nebenbei“ so viele andere Jobs, dass man sich fragt, wann er überhaupt noch sein Mandat als Volksvertreter ausübt.
Deswegen hatten SPD und Grüne in der letzten Legislaturperiode die Offenlegung der „Nebeneinkünfte“ von Bundestagsabgeordneten beschlossen. Bis März müssen die Mitglieder des Deutschen Bundestags nun Angaben zu ihren „Nebeneinkünften“ machen. Außerdem müssen freiberufliche Anwälte mit Sitz im Bundestag ihre Mandate bekanntgeben.
Gegen diese Regelung haben sechs Abgeordnete nun Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Der CSU-Abgeordnete Max Straubinger, Friedrich Merz von der CDU, die FDP-Parlamentarier Dr. Heinrich Leonard Kolb, Sybille Laurischk und Hans-Joachim Otto sowie der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Peter Danckert sehen darin einen Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Freiheit des Abgeordneten und die Freie Berufswahl.
Hohe Güter führen die Kläger da ins Feld. Doch das allerhöchste Gut ist zweifellos die Demokratie. Sie aber erleidet Schaden, wenn sich beim Bürger der Eindruck festsetzt, die Volksvertreter seien käuflich. Gerade das ist jedoch die Folge ausufernder Nebeneinkünfte.
Jede Zahlung, die ein Abgeordneter „nebenbei“ erhält, kann seine Entscheidungen beeinflussen. Der Wähler hat deswegen ein Recht, zu wissen, wem seine Volksvertreter verpflichtet sind.
Wenn ein Bundestagsabgeordneter mehr als 20 „Nebenjobs“ hat, dann hat das ganz gewiss den Augout der Bestechlichkeit. Unmöglich kann jemand neben dem zeitraubenden Abgeordneten-Mandat noch so viele andere Tätigkeiten ausüben. Entweder erledigt dieser Parlamentarier seine Pflichten als Volksvertreter nicht korrekt, oder aber er bekommt Geld für Dienste, die ihn kaum Zeit kosten.
Ganz „nebenbei“ könnte ein Politiker zweifellos Gefälligkeiten ausführen, die sein Abstimmungsverhalten betreffen: Er kann sich zu bestimmten Vorlagen so verhalten, wie es seine Financiers wünschen.
Um so etwas zu verhindern, ist die Regelung richtig, wonach die Größenordnung der „Nebeneinkünfte“ von Bundestagsabgeordneten offengelegt werden muss. Diese Transparenz dient dem Schutz der Demokratie. Sie dient gerade auch dem Schutz der Freiheit des Abgeordneten, den ihre Kritiker als Begründung gegen sie ins Feld führen.
Lediglich die geforderte Offenlegung der Mandate von Rechtsanwälten könnte ein Problem darstellen. Dadurch könnten Anwälte mit Parlamentsmandat möglicherweise Schwierigkeiten bekommen, neue Mandanten zu gewinnen.
Die Offenlegung der „Nebenverdienste“ erschwert nach Ansicht der Kläger Freiberuflern und Selbständigen die Mitwirkung im Parlament. Schon jetzt geben nur 16 der gut 600 Bundestagsabgeordneten an, selbständige Unternehmer zu sein.
Doch stellt sich die Frage, ob die Forderung nach Transparenz ihrer Einnahmen der wahre Hinderungsgrund ist, warum Selbständige so selten in den Bundestag gehen. Wahrscheinlich lässt ihre Tätigkeit ein Ausscheren dorthin gar nicht zu, selbst wenn sie uneingeschränkt „nebenher“ arbeiten und verdienen dürften.
Ohnehin war die jetzt getroffene Regelung schon ein Kompromiss, bei dem die Einnahmen nur in groben Größenordnungen angegeben werden müssen. Abgefragt werden Einkünfte bis 3.500 Euro, bis 7.000 und über 7.000 Euro monatlich.
Eine exaktere Preisgabe seiner Einkünfte sollten die Wähler von jedem einfordern, der sich um ein Mandat in einem Parlament bewirbt. Sie schafft Transparenz. Und daran mangelt es in Deutschland häufig.
Franz-Josef Hanke