Die Menschenwürde ist unantastbar – auch von Nazis! – HU-Demonstration in Amöneburg

Die Rede des HU-Ortsvorsitzenden und Landessprechers Franz-Josef Hanke sowie die anschließende Diskussion mit dem Veranstalter der „Rock&Onkelz-Revival-Party“ am Samstag (23. September) in Amöneburg dokumentiert der HU-Ortsverband Marburg im Wortlaut.

Guten Abend meine Damen und Herren!
Ich begrüße alle Anwesenden und alle, die uns hören können, im Namen der Humanistischen Union.
Wir haben heute eine sehr ungewöhnliche Veranstaltung hier. Es handelt sich um eine Demonstration. Diese Demonstration hat einen bestimmten Anlaß. Sie
stützt sich auf verschiedene Vorkommnisse und Ankündigungen. Und ich möchte Sie heute hier zunächst ganz kurz einstimmen, worum es geht.
Es gibt Plakate – teilweise sind diese auch schon zerstört worden, nicht durch uns – es sind Plakate, auf denen angekündigt wurde für gestern Abend und heute Abend eine „Onkelz Revival Party“. Onkelz wird mit einem „z“ geschrieben, Was der deutschen Rechtschreibung widerspricht. Es gibt eine Musikgruppe, die sich „Die böhsen Onkelz“ nennt. Diese Musikgruppe hat sich jahrelang bewegt mit Lied-Texten, in denen Gewalt ausgedrückt wurde und die auch zu Gewalt aufgerufen haben. Diese Gruppe wurde daraufhin von Neonazis als eine der ihren betrachtet.
Irgendwann haben die Mitglieder der Musikgruppe sich vom Nationalsozialismus distanziert. Sie haben aber weiterhin Texte vertont und gesungen, in denen nach wie vor zu Gewalt aufgerufen wird. Teilweise auch zu Gewalt gegen Nazis.
Wir, die Humanistische Union, treten für Gewaltfreiheit ein. Wir sagen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Und das sagen nicht nur wir, sondern das steht in Artikel 1 des Grundgesetzes. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und das ist auch die Würde von Neonazis, als Menschen. Auch die Würde dieser Menschen ist unantastbar.
Das heißt aber nicht, dass wir dulden wollen oder müssen, was sie tun.
Hier in Amöneburg gibt es leider noch eine viel bösere Geschichte: Nämlich den Umgang einiger Mitmenschen in dieser Stadt mit einem Mitbürger – Dr. Ulrich Brosa – der auch heute hier anwesend ist. Und Angriffe auf sein Haus. Auch dagegen protestieren wir.
Wir wissen, dass eine Mehrheit der Bewohnerinnen und Bewohner von Amöneburg gegen solche Übergriffe ist. Das belegt eindeutig das Ergebnis der letzten Bürgermeister-Wahl. Leider ist aber auch derjenige Bürgermeister, der gewählt worden ist, nicht so klar und eindeutig entschieden gegen Neonazis aufgetreten, wie man sich das wünschen würde. Wir wollen ihm nun heute – auch mit dieser Aktion – klar machen, dass er sich entscheiden muss.
Alle in Amöneburg müssen sich entscheiden: Treten sie ein für die Menschenwürde, treten Sie ein für den Respekt auch vor Menschen, die vielleicht hier und da ihre kleinen Schwächen und Fehler haben? Oder sehen Sie stillschweigend weg, wenn Fensterscheiben eingetrümmert werden, wenn Menschen in Angst und Schrecken versetzt werden. Und wenn letztlich Methoden stattfinden, die Deutschland in den 30er und 40er Jahren schon viel zu viel erlitten hat?
Wir werden gleich einen Rundgang – einen Demonstrationszug – durch diese schöne Stadt machen. Wir werden einige Ausblicke haben. Und es kann sein, dass wir an einzelnen Stellen dann auch etwas dazu bemerken werden. Enden wird diese Demonstration vor dem Haus von Ulrich Brosa.
Für uns ist eines ganz wichtig: Wir sind friedlich. Wir wollen friedlich sein. Und ich fordere alle hier auf, sich dieser friedlichen Grundstimmung anzuschliessen.
Und das Zweite ist: Wir stehen zur Diskussion bereit. Wir werden mit jedem, der sich mit uns in eine Diskussion begeben möchte, gerne debattieren. Grundsätzlich ist dabei aber eines klar: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Gewalt kann und darf kein Ziel und keine Methode der politischen Auseinandersetzung sein.
Der Veranstalter dieser „Onkelz-Revival-Party“ hatte sich bei uns gemeldet und wollte ein Paar Worte dazu sagen, warum er diese Veranstaltung durchführt. Wir haben ihm angeboten, diese Möglichkeit hier zu nutzen.

Sven Lehning (Veranstalter der „Onkelz-Revival-Party“):
Also erst einmal einen schönen guten Abend.
Mein Name ist Lehning. Ich bin hier vor kurzem zugezogen auf den Berg und zwar im Mai. Ich nutze diese Veranstaltung eigentlich als Darstellung, dass ich als Gewerbe-Dienstleister hier präsent bin.
Ich habe ja schon einige Sachen gehört gegenüber hier dieser Onkelz Revival Party. Es werden hier ziemlich viele Sachen als Neonazi-Veranstaltung hingestellt, die ich ersteinmal so dementieren möchte. Ich habe hier auch einige Auszüge, die ich mir heute durch einen Kollegen durchgelesen habe. Ich möchte hiermit dementieren, dass diese Veranstaltung nichts mit dem Neonazi oder der rechtlichen Geschichte zu tun hat.
Ich bin weder rechtsradikal noch sonst irgendwas in der Schiene vertreten. Ich bin ganz normaler Dienstleister. Ich mache die Veranstaltung schon seit 1996. Bin ich in diesem Gewerbe tätig.
Und wir haben letztes Jahr die Veranstaltung im Sommer schon einmal in Niedergemünden durchgeführt. Die Veranstaltung ist ruhig verlaufen. Es ist keine rechtsradikale Schiene gelaufen worden. Die Onkelz – so, wie es hier auf diesem Thema rumgeritten wird – sagen wir mal so – ja haben mal – soweit ich das weiß mal rechtsradikale Sachen gemacht. Das entzieht sich aber so meiner Macht, weil ich mich mit dieser Materie mich eigentlich nicht beschäftige.
Die Onkelz werden auf jedem Disco-Abend mindestens mit drei Liedern gespielt – auf JEDEM Disco-Abend. Was keiner dementieren kann. Und die Lieder die wir spielen von den Onkelz, werden hier auch gespielt. Also die ganz normalen Lieder, ja. Die Sache beruht sich zu 90% auf dieser Rock-Geschichte wo Rolling Stones, AC/DC und so weiter gespielt werden was für die ältere Generation eigentlich gedacht ist. Und hat – wie gesagt – mit dieser rechtsradikalen Sache nichts zu tun.

Hanke:
Eine Zwischenfrage: Warum veranstalten Sie das Ding unter dem Etikett „Onkelz Revival“? Also, wenn Sie eine Hardcore oder Heavy Metal Party machen, warum nennen Sie es nicht ganz anders? Warum wird dieser Name „Onkelz“ schon auf dem Plakat dargestellt?

Lehning:
Weil dieser Name „Onkelz“ auf gewisse Leute zielt. Das hat aber nichts mit dieser rechtsradikalen Schiene zu tun, die Sie ja – wie gesagt – immer hinstellen. Onkelz ist ein großer Fanclub, ja. Das hat jetzt, jetzt sagen wir mal die rechtsradikale Szene da hingestellt. Die möchte ich hier eigentlich nicht in meinem Zelt haben. Aber diese Onkelz haben einen gewissen Fan-Club, den ich gerne haben möchte, ja – als Gäste. Bei mir auf meiner Veranstaltung. Und diese Sache haben wir – wie gesagt – letztes Jahr als Rock und Onkelz Revival Party genannt. Und bis jetzt ist noch nichts passiert.

Hanke:
Ich darf mich dafür bedanken, dass Sie Ihre Position dargestellt haben. Ich denke, für uns ist es eindeutig so, dass auch die Distanzierung der böhsen Onkelz von Neofaschismus selbst wiederum faschistoide Züge trägt. Das heißt, wir sehen Texte der böhsen Onkelz, in denen sie zum Beispiel auch zu Gewalt gegen Neonazis aufrufen. Wir demonstrieren hier einerseits gegen alle neofaschistischen Umtriebe und – wir haben das schon dargestellt – auch gegen Übergriffe auf Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt. Und wir protestieren auch dagegen, dass mit dieser Werbung für eine „Onkelz-Revival-Party“ möglicherweise Neonazis angelockt werden. Ganz egal, ob dies vom Veranstalter gezielt gewollt ist oder nicht. Aber wir halten die Böhsen Onkelz auch nach ihrer Distanzierung vom Faschismus immer noch für latente Faschisten, weil sie in ihrer ganzen Art, in ihren ganzen Texten gewaltverherrlichend sind, aggressiv sind. Und das lehnen wir ab.
Wir möchten aufrufen, sich uns anzuschließen auf diesem friedlichen Rundweg
durch Amöneburg.
Danke schön!

Franz-Josef Hanke

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