„Rolf, der Kampf geht weiter.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich ein Freund von Rolf Hepp. Gut 60 Menschen waren am Mittwoch (15. März) zur Trauerfeier in die Friedhofskapelle am Rotenberg gekommen.
„Vermutlich ist Rolf am 2. Februar gestorben“, berichtete der DGB-kreisvorsitzende Pit Metz der Trauergemeinde. „Aber genau wissen wir das nicht.“
Gefunden wurde er erst zehn Tage später. Eine Freundin, die sich um Hepp sorgte, erhielt auf ihre Fragen nach ihm immer wieder die Antwort: „Erst gestern habe ich ihn gesehen.“
Diese Aussage ist typisch für ihn: Häufig war der Aktivist mit seinem Rad in der Stadt unterwegs. Stets war er dabei mit einem Helm ausgestattet, den er fast überallhin mitnahm.
„Als ich hörte, Rolf Hepp sei gestorben, wusste ich erst gar nicht, wer das war“, berichtete Bürgermeister Dr. Franz Kahle. „Für mich war er nur Rolf.“
Regelmäßig hat der Bürgermeister mit dem Polit-Aktivisten im Marburger Weltladen Kaffee getrunken. „Dabei hat er mich manchmal auch scharf kritisiert“, berichtete Kahle. Hinterher habe er dann aber immer eingelenkt; und man sei mit einem freundlichen Schulterklopfen auseinandergegangen.
„Die Universitätsstadt Marburg trauert um Rolf Hepp“, hatte Kahle seine Rede begonnen. Ähnliche Ansprachen halte er häufig. Doch stelle sich die Frage, ob wirklich die Stadt trauere.
Häufig würdigten Offizielle mit diesen Worten Menschen, die in vorderster Reihe zum Wohl der Stadt tätig gewesen seien. Bei Hepp könne man das buchstäblich nehmen: Mit seinem Fahrrad sei er bei sehr vielen Demonstrationen in der ersten reihe mitgelaufen.
Nahezu jede Sitzung der Stadtverordnetenversammlung (StVV) habe Hepp besucht. Für ihn habe Demokratie in der Verpflichtung bestanden, sich einzubringen. Deshalb kannten ihn viele vom Sehen, auch wenn sie seinen Namen nicht wussten.
„Erst einmal habe ich Aufklärungsarbeit leisten müssen“, berichtete Kahle weiter. Kaum jemand habe etwas anfangen können mit dem Namen „Rolf Hepp“. Wenn er den Verstorbenen aber als „zerknautschen Typ mit dicker Brille, Fahrrad und Helm“ beschrieben habe, dann habe fast jeder ihn gekannt.
„Wenn man Rolf nach seinem Geburtstag fragte, antwortete er: Operation Barbarossa“, berichtete Metz. Unter dem Codenamen „Operation Barbarossa“ hatten die alliierten Truppen im Zweiten weltkrieg die Landung in der Normandie am 22. Juni getarnt.
Geboren wurde der Sohn eines Metallbauers 1950 in Bad Soden-Saalmünster. Hier absolvierte er auch eine Metallbaulehre vermutlich im elterlichen Betrieb. Doch offenbar reichte ihm die handwerkliche Tätigkeit nicht aus, weshalb er später das Abitur nachmachte.
In Marburg habe er dann zahlreiche Veranstaltungen und viele Vorlesungen besucht, wo er sich häufig als Erster zu Wort meldete, berichtete Metz. Wegen seines schlechten Gebisses habe er aber so stark genuschelt, dass viele ihn nicht verstanden. „Erste Pflicht der Arbeiterklasse ist ein neues Gebiss für Rolf“, habe ein linksorientierter Professor daraufhin gefordert.
Konsequent war Hepps klare Haltung gegen Faschismus und Krieg. Seine handwerklichen Kenntnisse seien ihm bei der Aufstellung des Deserteursdenkmals an der Frankfurter Straße zugute gekommen, berichtete Metz. Der Friedensaktivist habe sich nicht nur für die Errichtung des Denkmals gegen Krieg und Militarismus eingesetzt, sondern auch selbst das Kreuz zusammengeschweißt.
Von zahlreichen Diskussionen mit Hepp berichtete Uwe Meyer. Mitunter habe der Aktivist ihm gezeigt, was er in seinem großen Rucksack bei sich trug. Zahlreiche Bücher hatte er darin verstaut, die er mit Interesse und Begeisterung las.
Mühsam habe Hepp sich beispielsweise auch an „Die Ästhetik des Widerstands“ herangetastet. Eher seine Sache war dagegen das Handeln für Frieden und gegen Faschismus. Auf keiner Veranstaltung zur „Neuen Rechten“ oder Marburgs Geschichte während der Nazi-Zeit habe er gefehlt.
Unverggesslich ist die Anzeige, die er wegen eines durchgestrichenen Hakenkreuzes erhielt, mit dem er zu einer Sitzung des Kreistags gegangen war. Ein Polizist und Kreistagsabgeordneter der „Republikaner“ riss ihm den Sticker vom Revers. Das Strafverfahren gegen Hepp wurde indes nicht zuletzt dank seines guten Anwalts niedergeschlagen.
Ein Vermächtnis von Hepp gab Meyer den Versammelten mit auf den Weg: Am Kempffrasen, wo die Nazis ihre Bücherverbrennung durchführten und von wo aus studentische Freicorps zur Niederschlagung eines Streiks von Arbeitern im thüringischen Mechterstedt aufgebrochen waren, hätte Hepp gern ein Mahnmal angebracht. Dieser beiden Tabubrüche müsse eine demokratische Stadtgesellschaft gedenken, befand der aktive Antifaschist.
„Vor der Feierstunde dachte ich, ich kenne Rolf Hepp nicht“, erklärte zum Abschluss der Trauerfeier Pfarrer Christoph Näder. „Nach den Reden muss ich aber sagen: Ich kenne ihn und habe öfters mit ihm diskutiert.“
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