Amnon Orbach erhält am Sonntag (22. Mai) das „Marburger Leuchtfeuer“ 2022. Die achtköpfige Jury würdigt damit sein jahrzehntelanges Engagement gegen Antisemitismus und Rassismus sowie für jüdisches Leben.
„Amnon Orbach hat das jüdische Leben und den interkulturellen Dialog in Marburg seit Jahrzehnten geprägt“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Er hat sich unermüdlich für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Dialog zwischen den Religionen eingesetzt.“ Auch Direktor Daniel Neumann vom Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen wird bei seiner Laudatio auf den 92-jährigen Marburger auf dessen Errungenschaften blicken.
Mit dem „Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“ zeichnen die Stadt Marburg und die Humanistische Union Marburg seit 2005 herausragendes Engagement für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben aus. Gewürdigt wird das nachhaltige Eintreten für ein gesellschaftliches Umfeld, das allen Menschen gleichermaßen Respekt entgegenbringt.
Orbach kam 1982 nach Marburg. Er gründete die Jüdische Gemeinde wieder neu und wurde deren Vorsitzender. Durch ihn bekam das jüdische Leben in der Universitätsstadt einen neuen Stellenwert. Jahrzehntelang war er Mitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, wurde kurze Zeit später deren jüdischer Vorsitzender.
Für seine Verdienste hat Amnon Orbach 1990 das Historische Stadtsiegel der Universitätsstadt Marburg erhalten, 2000 wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet, zum 80. Geburtstag 2010 erhielt er die Medaille der Universitätsstadt Marburg.
Zudem wurde er von der Stadt zum Ehrenbürger ernannt. Heute ist er Ehrenvorsitzender der Jüdischen Gemeinde.
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Jury-Sprecher Egon Vaupel werden dem Israeli die undotierte Auszeichnung in der Marburger Synagoge überreichen. „Damit wollen wir ein Zeichen setzen, dass jüdisches Leben und die Synagoge ebenso zu Marburg gehören, wie die Elisabethkirche und das Rathaus“, erklärt der Marburger HU-Regionalvorsitzende Franz-Josef Hanke zu dem abweichenden Veranstaltungsort.
Der Geehrte hat sich auch stark engagiert für Jüdinnen und Juden, die in der Sowjetunion geboren wurden und in den 90er Jahren nach Marburg gekommen waren. Zudem hat er sich herausragende Verdienste für den interreligiösen Dialog mit Christen und Muslimen erworben.
„Amnon Orbach hat die Marburger Gesellschaft beim Fertigstellen, beim Schreiben der letzten Buchstaben der neuen Torarolle voll eingebunden“, berichtet Jury-Sprecher Vaupel. „So konnte nicht nur der Oberbürgermeister für die Stadtgesellschaft, sondern auch der Vorsitzende der muslimischen Gemeinde aktiv mit dabei sein. Dies hat es vorher in der Welt noch nie gegeben, wurde weltweit berichtet und ist zu entscheidenden Teilen Amnon Orbach zu verdanken.“
Seit wenigen Monaten besteht der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Marburg ausschließlich aus Menschen russischer und ukrainischer Herkunft, die sich angesichts des Kriegs in der Ukraine derzeit gemeinsam für die Geflüchteten einsetzen. Dieses Engagement wäre ohne den jahrzehntelangen Einsatz des diesjährigen Preisträgers wahrscheinlich nicht möglich geworden. Als Israeli trotz der Shoa ins „Land der Täter“ zu ziehen und dort eine jüdische Gemeinde aufzubauen, bezeugt nach Ansicht der Jury Orbachs Respekt vor allen Menschen ohne Ansehen ihrer Herkunft und sozialen Stellung und ist damit preiswürdig.